Im Tonstudio mit Thomas Hohler: So entstand das Soloalbum des Musicalstars
Er zählt seit Jahren zu den Top-Musicaldarstellern im deutschsprachigen Raum: Thomas Hohler. Der Bottroper ist ein waschechtes Ruhrpott-Pflänzchen und stand schon im Kindesalter auf der Bühne – als Gavroche in der Duisburger Produktion des Musicals „Les Misérables“. Jetzt hat er mit „So weit, so gut“ sein erstes Soloalbum auf den Markt gebracht. In einer Zeit, in der CDs weiter an Bedeutung verlieren.
„Ich hatte schon immer den Wunsch, mal eine CD zu machen“, erzählt Hohler. Doch bislang habe es nie den richtigen Anlass oder die nötige Motivation gegeben. „Mir fehlte schlicht die zündende Idee. Am Spaß und der Leidenschaft zu singen, hat es natürlich nicht gemangelt“, ist sich der sympathische Künstler sicher. Mit seiner beruflichen Laufbahn sei er immer sehr zufrieden gewesen, „aber in den letzten Jahren hat meine Karriere noch mal einen ordentlichen Kick bekommen.“
Diesen Kick hat Thomas Hohler als Anschub für sein CD-Projekt genutzt. Außerdem ist es ihm wichtig, sein Leben und Wirken stets zu reflektieren. „Ich habe also zurückgeblickt auf das, was ich schon erreicht habe und was ich bisher spielen durfte“, berichtet er. „Wenn ich ein Album mache, ist mir wichtig, dass jedes Lied eine Relevanz und eine Verbindung zu mir hat.“
Ein eigenes künstlerisches Projekt
In der Corona-Zeit haben einige seiner Kolleginnen und Kollegen CD-Projekte vorangetrieben, diese zum Teil per Crowdfunding finanziert. „Crowdfunding ist eine prima Sache und bringt einem Künstler finanzielle Sicherheit, weil man mit dem Umsatz aus CD-Verkäufen kaum die Produktionskosten decken kann“, weiß der Musicaldarsteller. „Aber ich wollte das ganz bewusst nicht tun. Ich wollte ein eigenes künstlerisches Projekt schaffen, ohne Verpflichtungen und Deadlines.“ Das alles, so sagt er, hätte ihm sonst unnötig Druck gemacht.
Also fing der Schauspieler und Sänger ganz ohne diesen Druck an, Pläne für sein erstes Soloalbum zu schmieden – und als er sich mit den ersten Personen darüber unterhielt, kam ihm eine wahre Welle der Unterstützung entgegen. „Ich bekomme jetzt noch Tränchen in den Augen, wenn ich daran denke.“ Neben Tamara Pascual, die nicht nur seine Ehefrau, sondern ebenfalls Musicaldarstellerin ist, bestärkten ihn viele Wegbegleiter der letzten Jahre: Musikalische Leiter, Tontechniker, seine Künstleragentur und nicht zuletzt das Label Sound of Music. „Ich habe damit ein Label gefunden, das mich jederzeit unterstützt und motiviert hat, mir mit wahnsinnig viel Know-how und Erfahrung die Tür öffnete, aber die volle künstlerische Freiheit gewährte“, schwärmt Thomas Hohler.
Prozess mit Liebe zum Detail
Weil er selbst ein kleines Studio besitzt, war die Entscheidung schnell gefallen, die Gesangsparts – die so genannten Vocals – dort aufzunehmen. So hatte er die größte zeitliche Flexibilität und lud seine Duettpartnerinnen für die Aufnahmen zu sich ein. Während Marcel Jahn, den Hohler als Musikalischen Leiter beim Musical „Robin Hood“ in Fulda kennen lernte, die Instrumentals und Orchestrierungen übernahm, geschah das Mixing und Mastering schließlich unter den professionellen Ohren von Tonmeister Maximilian Becker in Fulda und Berlin. „Das war ein Prozess mit viel Austausch und Liebe zum Detail.“
Was von Anfang an feststand: Es sollte ein Musical-Album werden. Der Grund dafür? „Ich bin kein Komponist oder Singer/Songwriter, also kam ein Album mit eigener Musik nicht in Frage.“ In erster Linie sehe Thomas Hohler sich als Performer, der Figuren und Geschichten durch Gesang und Spiel erzähle und Momente mit Emotionen fülle. „Dafür brenne ich, das ist meine künstlerische Heimat.“ Natürlich habe er schon mal einen Song geschrieben, doch für ein Album reicht das nicht. „Das ist wohl eher ein Projekt für meinen Ruhestand“, lacht Hohler.
Doch wie legte er fest, welche Musicalsongs es auf seine erste Scheibe schaffen sollten? „Ganz einfach: Ich habe geschaut, was meine Meilensteine waren“, antwortet der Darsteller. „Es sollten Shows vertreten sein, die mir viel bedeuten oder mich weitergebracht haben“. Dabei habe er sich selbst ein paar Regeln auferlegt: Es sollte keine gewöhnliche 08/15-Zusammenstellung sein und immer nur ein Titel pro Musical. „Das war an manchen Stellen gar nicht so leicht.“
Quirlige Figur, euphorische Spielfreude
„Wenn ich an meine Zeit als D’Artagnan in ‚3 Musketiere‘ zurückdenke, erinnere ich mich sehr gut daran, wie quirlig die Figur und entsprechend euphorisch meine Spielfreude war“, erzählt Thomas Hohler. Und weiter: „Ich wollte damals am liebsten die ganze Welt umarmen, so happy war ich mit diesem Part. Genau dieses Gefühl spiegelt der Song ‚Constance‘ wider, also musste er auf die Platte.“ Bei anderen Liedern wie „Tragedy“ aus „Saturday Night Fever“ oder „Carpe Diem“ aus „Goethe!“ sei es ihm darum gegangen, in der musikalischen Stilistik etwas Neues auszuprobieren.
Doch nicht nur bei der Songauswahl hat sich der Sänger Gedanken gemacht, sondern auch bei der Verpflichtung seiner Duettpartnerinnen. Mit Ehefrau Tamara Pascual spielte er einst in „Wahnsinn!“, somit durfte weder sie noch der Song „Tinte“ fehlen. Beim Musical „Ghost“ teilte der Bottroper die Bühne mit Roberta Valentini, die auf der CD mit der Nummer „Lass mich nicht gehen“ vertreten ist. Auch mit Judith Caspari und Karen Müller stand Thomas Hohler bereits auf der Bühne – so konnte er sie ebenfalls für sein Projekt gewinnen. „Ich wollte für meine Gesangspartnerinnen neue Kombinationen schaffen, die es auf anderen CDs noch nicht zu hören gibt.“ So sangen Caspari und Hohler zum Beispiel das emotionale Duett „Flügel schwer wie Blei“ aus dem neuen Kunze/Levay-Musical „Lady Bess“ ein.
Fans etwas zurückgeben
Abgesehen davon, dass der Musicalstar diese CD „einfach machen“ wollte, ist es eine schöne Möglichkeit, seinen Fans – vor allem auch denen im asiatischen Raum – etwas zurückzugeben und ihnen für die Treue zu danken. Denn seit Thomas Hohler mit „Elisabeth“ und „Mozart!“ in Shanghai gastierte, hat er sogar dort eine Fanbase, die aber nicht bei jedem seiner Engagements in Europa dabei sein kann und zu Hause jetzt nicht länger auf Musik von ihm verzichten muss.
Weil er so ein gefragter Musicalkünstler ist, der erst parallel bei „Yesterdate“ in Essen, „Lady Bess“ in St. Gallen und der „Ghost“-Tour auf der Bühne steht, dann den Simon in „Jesus Christ Superstar“ in Wien gibt und im Sommer in Fulda erneut als Guy von Gisbourne in „Robin Hood“ zu sehen sein wird, hat es anlässlich der CD-Veröffentlichung leider nicht mit einem Release-Konzert geklappt. „Dafür bin ich im Moment tatsächlich einfach zu beschäftigt“, entschuldigt sich Hohler. „Aber ich hoffe, dass ich mal einen Termin finde, um mein Album in Form eines Konzerts zu feiern.“ So weit, so gut.
Text: Dominik Lapp