Ein Leben für die Bühne: Der Komponist und Autor Paul Graham Brown im Porträt
Der Engländer und Wahl-Berliner Paul Graham Brown ist ein enorm vielseitiger Künstler, der für die Bühne lebt und dessen kreative Tätigkeiten vom Komponieren und Schreiben von Musicals bis hin zu Regie und Musikalischer Leitung reichen. Seine Karriere begann er vor mehr als zwei Jahrzehnten. Ein Meilenstein war dabei im Jahr 2001 sein Musical „Bonnie und Clyde“, lange bevor das gleichnamige Stück von seinem Kollegen Frank Wildhorn zur Uraufführung kam.
Prominente Persönlichkeiten und wahre Geschichten
„Ich habe das Glück, dass ich mein Geld mit etwas verdienen kann, das ich liebe“, sagt Brown und lacht. Ein auffälliges Merkmal seiner Arbeiten ist die Auswahl der Themen und Figuren. Oft sind es prominente Persönlichkeiten und Themen oder wahre Geschichten, die seine Musicals prägen: neben Bonnie und Clyde zum Beispiel Alfred Nobel, der große Houdini oder sogar King Kong.
„Das geht gar nicht von mir aus, dass ich unbedingt einen bekannten Titel haben muss. Es kommt eher durch die Produzenten, die sich diese Stoffe wünschen“, erklärt er. „Mich interessiert dabei nur, dass die Geschichte stimmt – ganz egal, ob es um Bonnie und Clyde oder andere Charaktere geht. Ich muss Interesse an dem Stoff und den Figuren haben.“
Am Anfang steht das Storyboard
Paul Graham Brown hat eine besondere Herangehensweise, wenn es darum geht, neue Stücke zu entwickeln. „Ob ich nun selbst der Autor bin oder der Komponist und mit einem Autoren zusammenarbeite: Am Anfang entsteht immer zunächst mal ein Storyboard“, erläutert er. Der kreative Prozess beginnt mit viel Recherche, gefolgt von der Erstellung eines strukturierten Ablaufs. „Das Storyboard zeigt, was der Inhalt jeder Szene ist und was gesungen wird. Es geht dabei darum, den Inhalt zu verstehen, bevor man anfängt zu schreiben.“
Neben seiner Tätigkeit als Komponist und Autor übernimmt Brown immer wieder auch die Position des Musikalischen Leiters und Regisseurs seiner Stücke. Obwohl er betont, dass es ihm nicht wichtig ist, diese Parts zu übernehmen, passiert es häufig zufällig. „Ich mag Regie sehr gern, aber ich bin nicht so bekannt dafür. Wenn mich allerdings jemand als Regisseur engagieren möchte, bin ich bereit dafür“, lacht er.
Stücke sollen überall gespielt werden
Für den Kreativschaffenden ist es besonders aufregend, seine Stücke in neuen Inszenierungen zu sehen. „Das ist für mich das Aufregendste überhaupt. Der Sinn von Stücken ist ja, dass sie überall gespielt werden. Dabei ist es dann sehr interessant, wenn man ein neues Element entdeckt, das man überhaupt nicht erwartet hat.“ Brown ist der Meinung, dass die Darstellerinnen und Darsteller in Zusammenarbeit mit der Regie sein Material immer wieder auf unerwartete Weise zum Leben erwecken.
Die vergangene Spielzeit war besonders intensiv für den Engländer. Sie begann mit einer kleinen Produktion von „King Kong“ im Saarland, gefolgt von einer großen Produktion seines Musicals „A Tale of two Cities“ am Theater Hof. „Das war eine grandiose Produktion. Uwe Kröger hat Regie geführt, und wir haben gemeinsam wirklich fantastische Änderungen vorgenommen,“ erinnert sich der Komponist. Eine weitere bedeutende Aufführung war „Vermisst. Was geschah mit Agatha Christie?“ am Kleinen Theater in Berlin. „Das ist mittlerweile ein Dauerbrenner und Bestandteil des Repertoires“, berichtet er. Als nächstes feiert das Stück in der Schweiz bei den Kammerspielen Seeb Premiere.
„Fairystories“ in Neuseeland
Ein besonderes Highlight war aber die Produktion seines Musicals „Fairystories“ in Neuseeland. „Es basiert auf einer wahren Geschichte über zwei Kinder, die um 1920 in England Fotos mit Feen gefälscht haben“, erklärt Paul Graham Brown. Diese Produktion brachte ihn nach Christchurch und bot ihm eine einzigartige Erfahrung: „Es war sehr beeindruckend, mit einem meiner ältesten Stücke in Neuseeland zu sein, wo es in meiner Muttersprache aufgeführt wurde.“ Denn er schreibt alle seine Stücke auf Englisch, lässt sie anschließend aber auf Deutsch übersetzen, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. „Ich würde mir nicht zutrauen, die Liedtexte direkt auf Deutsch zu schreiben, weil sie so präzise sein müssen“, führt er aus.
Für „Fairystories“ hat er große Pläne, nachdem es in Christchurch so gut ankam: „Mein Ziel ist es, dieses Stück im australischen und neuseeländischen Raum zu etablieren.“ Doch wer weiß, vielleicht schafft es das Stück unter seinem deutschen Titel „Feengeflunker“ ja auch mal auf eine deutschsprachige Bühne.
Text: Dominik Lapp