Wie Hannah Ehlers mit „Nasty Women“ Frauen im Musical mehr Raum geben möchte
Hannah Ehlers ist eine vielseitige Künstlerin: Schauspielerin, Komponistin, Autorin und Liedtexterin. Obwohl sie ein Schauspielstudium absolviert hat, war das Musical immer ihre große Leidenschaft. Jetzt hat Ehlers ein solches mit dem Titel „Nasty Women“ geschrieben, das kürzlich im Rahmen der Oberfringe-Musicalmesse in Wunsiedel einem Fachpublikum präsentiert wurde.
„Das Musical war schon vor dem Schauspiel in meinem Leben“, sagt Hannah Ehlers. Ursprünglich wollte sie direkt nach der Schule Musical studieren, fühlte sich jedoch technisch noch nicht gut genug. Stattdessen begann sie Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis in Hildesheim zu studieren. Dort entdeckte sie ihre Freude am Komponieren. Schon im ersten Studienjahr wirkte sie an einem Musicalprojekt mit und erhielt viel positives Feedback und Ermutigung. „Ich habe bereits im Studium ein weiteres Musical zusammen mit Kommilitoninnen geschrieben.“
Trotz der Liebe zur Musik entschied sich Ehlers nach ihrem kulturwissenschaftlichen Studium für eine Schauspielausbildung. „Musicalausbildungen sind sehr auf Perfektion und Technik getrimmt, während es im Schauspielstudium mehr um Ausprobieren und Durchlässigkeit geht“, erklärt sie. Sie bezeichnet sich selbst als Tausendsassa, eine Person mit vielen Talenten und Interessen. Während der Corona-Pandemie schrieb sie ein Solo-Kinder-Musical, das sie selbst aufführt. Dabei erkannte sie: „Das Schreiben von Texten und Musik ist eigentlich das, wo ich die größten Flow-Erlebnisse habe.“
Musik folgt auf Text
Die Idee zu ihrem Musical „Nasty Women“ entstand im Jahr 2015. „Eine junge Frau begegnet über ein Bücherregal verschiedenen Frauen der Weltgeschichte“, beschreibt Hannah Ehlers das Konzept. Diese Idee blieb während des Schauspielstudiums im Hintergrund und kam 2021 wieder zum Vorschein. Dank eines Recherche-Stipendiums konnte sie sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. „Man bekommt für einen Zeitraum Geld, um seine Zeit mit der Recherche und dem Schreiben zu verbringen und sich keine Sorgen um die Miete machen zu müssen“, schmunzelt die Künstlerin.
Ihre Herangehensweise beim Schreiben war strukturiert: „Ich habe erst geguckt, welche Frauen mich interessieren und welche Themen sie ansprechen. Dann habe ich einen groben Plot gebaut.“ Die Musik folgt bei ihr immer auf den Text. „Ich will erst wissen, was ich erzählen will, und dann schaue ich, welche Musik das braucht.“ Manchmal habe sie aber schon beim Texten eine Melodie im Kopf gehabt, die sie dann ganz fix mit dem Smartphone aufnahm.
Frauen im Mittelpunkt
Ein wichtiges Anliegen von Ehlers ist es, Frauen im Musical mehr Raum zu geben. „Als ich die Idee 2015 hatte, war mir diese Thematik noch nicht bewusst. Meine feministische Politisierung kam eigentlich eher danach“, sagt sie. Doch die Idee, Frauen mehr Bühnenpräsenz zu bieten, passt perfekt zu ihren heutigen Werten. „Ich glaube, wir können alle davon gewinnen, wenn mehr unterschiedliche Geschichten erzählt werden.“
Ehlers hat das Gefühl, dass ihre Werte von Gleichberechtigung in allem stecken, was sie tut. Sie hofft, dass auch in Deutschland mehr Frauen die Chance bekommen, ihre kreativen Ideen umzusetzen. „In Amerika hat es in den letzten Jahren schon sehr gut geklappt. Ich glaube, dass es in Deutschland viele fähige Frauen gibt, die manchmal einfach mehr Raum und Ermutigung brauchen.“
Deutsche Antwort auf „Six“?
Nach einem Workshop in Hamburg und einer Präsentation auf der Oberfringe-Musicalmesse in Wunsiedel erhielt die Komponistin und Autorin viel positives Feedback. „Ich habe gemerkt, dass das Stück an sich, die Idee und die Musik funktionieren“, erzählt sie nicht ohne Stolz. Auch wenn keine konkreten Produktionszusagen gemacht wurden, war es für Ehlers ein großer Motivationsschub.
Das Musical „Nasty Women“ ist inzwischen fertiggestellt, was Komposition, Text und Klavierarrangement betrifft. „Es gibt noch kein Bandarrangement, aber das könnte relativ zügig umgesetzt werden, wenn es eine Produktion geben soll“, erklärt die Künstlerin.
Obwohl noch nicht absehbar ist, ob und wann „Nasty Women“ zur Uraufführung kommt, verspricht der Stoff, vielleicht als eine Art deutsche Antwort auf „Six“, spannende Geschichten zu erzählen und gleichzeitig auch noch ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung im Musicalbereich zu setzen.
Text: Dominik Lapp