Jubiläum: 100 Jahre Osnabrücker Symphonieorchester
Am Theater Osnabrück wird in der Spielzeit 2019/2020 kräftig gefeiert, denn das Osnabrücker Symphonieorchester wird 100 Jahre alt. Aus diesem Grund haben sich die Verantwortlichen um Generalmusikdirektor Andreas Hotz und Orchesterdirektorin Iris Gast ein einmaliges, aufregendes Jubiläumsprogramm ausgedacht, das einige Höhepunkte und Sonderprojekte verspricht.
„Ohne sein Orchester wäre das Theater Osnabrück undenkbar“, sagt Intendant Ralf Waldschmidt. „Ich bin sehr froh, dass wir das Orchester haben, und ich denke auch, dass meine Vorgänger in den vergangenen 100 Jahren ebenso froh darüber waren.“ Die insgesamt 63 Musiker des Orchesters, die aus 18 Nationen stammen, sollen im Jubiläumsjahr im Vordergrund stehen. Dazu verlassen die Instrumentalisten sogar ihr Stammhaus am Domhof und gehen hinaus in die Stadt und die Region.
Musik an außergewöhnlichen Orten
Im Rahmen der Kurzkonzertreihe „StadtLandTon“ wird dann an außergewöhnlichen Orten musiziert. Für jeweils 20 bis 30 Minuten hat ein Bläserquartett bereits in einer Hausbrauerei, aber auch im Hauptbahnhof gespielt. Weitere Auftritte der Orchestermusiker sind geplant im Zoo, in der Hochschulmensa, in der Marienkirche, in einem Kaufhaus und auch unter freiem Himmel im benachbarten Kurort Bad Rothenfelde.
„Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Musiker des Orchesters in den letzten 100 Jahren den Geist des Orchesters und ihre Begeisterung für Musik ans Publikum gebracht haben“, sagt Generalmusikdirektor Andreas Hotz. Somit sei es nur ein logischer Schritt, mit dem Orchester raus zu den Leuten zu gehen und damit auch Menschen zu erreichen, in deren Leben klassische Musik sonst vielleicht gar keine oder zumindest keine große Rolle spiele.
Orchester ist doppelt so groß wie bei seiner Gründung
Das Osnabrücker Symphonieorchester ist nach dem Ersten Weltkrieg aus der Musikkapelle des 78. Infanterieregiments entstanden. In seinem Gründungskonzert am 4. Dezember 1919 stellte sich das neue Städtische Orchester in der alten Stadthalle vor, die sich damals am Kollegienwall befand. Das Haus gibt es heute nicht mehr, das Orchester allerdings schon – und es ist von einst 36 auf nun 63 Musiker angewachsen und damit inzwischen fast doppelt so groß wie bei seiner Gründung.
So ein großes Orchester verfügt natürlich über eine entsprechend große Strahlkraft, die weit über die Grenzen Osnabrücks hinweg reicht. Gastspiele führten die Musiker bereits in verschiedene niederländische Orte, aber auch nach Teheran, Wolgograd, Moskau, Kiew und Minsk. Zuletzt sorgte zudem die deutsche Erstaufführung der Oper „Guercoeur“ von Albéric Magnard, in die das Osnabrücker Symphonieorchester involviert war, deutschlandweit für ein großes Medienecho. Die renommierte Fachzeitschrift „Opernwelt“ zeichnete die Produktion zudem als Wiederentdeckung des Jahres aus.
Mit dem Repertoire am Puls der Zeit
„Das Osnabrücker Symphonieorchester vergibt immer wieder Kompositionsaufträge und spielt Ur- und Erstaufführungen, um zu zeigen, dass es mit seinem Repertoire am Puls der Zeit ist“, erklärt Andreas Hotz. Aber auch die Friedensarbeit ist dem Orchester aus der Friedensstadt Osnabrück ein großes Anliegen. Als erstes westliches Orchester nach der Islamischen Revolution von 1979 gastierte das Osnabrücker Symphonieorchester im Jahr 2007 in der iranischen Hauptstadt Teheran. Dieser Beitrag zur Völkerverständigung über die Sprache der Musik wurde unter anderem als humane Geste und Neubeginn des Dialogs zwischen zwei Systemen gewertet.
Im Jahr 2013 gastierte das Orchester als erstes deutsches Orchester nach dem Zweiten Weltkrieg in Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad. Anlass war der 70. Jahrestag des Endes der Schlacht um Stalingrad. Zwei Jahre später, im Mai 2015, führte eine Friedenstournee zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs das Osnabrücker Symphonieorchester nach Moskau, Wolgograd, Kiew und Minsk. Da verwundert es freilich nicht, dass es auch im Jubiläumsjahr des Orchesters ein besonderes Konzert zum Thema Frieden geben wird.
Höhepunkt des Jubiläumsjahrs: Benjamin Brittens „War Requiem“
So wird im Juli 2020 Benjamin Brittens „War Requiem“ im Osnabrücker Dom erklingen. „Für mich persönlich das wichtigste Anti-Kriegs-Werk des 20. Jahrhunderts“, sagt Andreas Hotz. Neben seinem Orchester werden Gesangssolisten des Osnabrücker Theaters, der Opernchor, der Extra- und Kinderchor des Theaters sowie die Domchöre und der Osnabrücker Jungendchor an dem großen Werk beteiligt sein.
Aber auch den Ehrentag eines großen Komponisten will das Osnabrücker Symphonieorchester in seinem Jubiläumsjahr feiern: Aus Anlass des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven wird es im Europasaal der Osnabrückhalle im März 2020 einen zweitägigen Beethoven-Zyklus geben, bei dem am ersten Tag die Sinfonien eins bis vier und am zweiten Tag die Sinfonien fünf bis acht zu Gehör kommen. Beethovens Neunte hingegen ist bereits als Teil des Neujahrskonzerts vorgesehen. Abgerundet wird das Orchesterjubiläum durch viele weitere Konzerte wie ein Weihnachtskonzert, Kammer-, Schloss- und Kinderkonzerte. „Die Besonderheit bei den Schlosskonzerten ist, dass sich in diesem Rahmen die Kollegen aus dem Orchester solistisch zeigen können“, erläutert Oboist Lukas Brandt das Konzept.
Text: Dominik Lapp