Seit 22 Jahren ein Hit: Probenbesuch beim „König der Löwen“ in Hamburg

Das hat es seit mehr als 22 Jahren nicht mehr gegeben, dass Medienvertreter zu einer Probe des Disney-Musicals „Der König der Löwen“ in Hamburg eingeladen wurden. Jetzt war es allerdings soweit, denn einige Rollen im Ensemble des Musicalhits wurden neu besetzt und die Proben für die neuen Cast-Mitglieder laufen auf Hochtouren, damit sie ab Ende April auf der Bühne des Theaters im Hafen stehen können.

Joachim Benoit ist seit dem ersten Tag dabei und verkörpert seit Dezember 2001 die Figur des Rotschnabeltokos Zazu. Diese Puppe, ein aufgeblasener Vogel mit einer wichtigtuerischen Attitüde, ist die am schwierigsten zu spielende im gesamten Ensemble. Zazu kann beim Sprechen seinen Schnabel bewegen und zusätzlich mit den Augen rollen und den Lidern klappern. „Ich bin mit Zazu eng verbunden“, schmunzelt Benoit. Dass er die Rolle mehr als zwei Jahrzehnte spielen würde, konnte er zum Zeitpunkt der Deutschlandpremiere nicht ahnen. „Es wusste ja niemand, dass dieses Stück in Hamburg so ein Erfolg werden würde“, sagt der Musicaldarsteller.

Es wird nicht langweilig

Langweilig wird ihm jedoch nicht. „Das liegt daran, dass ich immer wieder mit anderen Kollegen und vor allem mit anderen Kindern spiele. Denn jedes Kind spielt anders, worauf ich entsprechend reagieren muss. So bleibt es frisch, das ist mein Geheimrezept.“ Darüber hinaus ist Joachim Benoit seit einigen Jahren auch die Zweitbesetzung für das Erdmännchen Timon. „Die Rolle spiele ich nicht so oft, deshalb bin ich auch immer wieder etwas aufgeregt, wenn ich als Timon auf der Bühne stehe und besonders im zweiten Akt gefragt bin.“

Muss so ein alter Hase eigentlich noch proben? „Selbstverständlich, wir proben immer wieder“, schießt es aus Benoit heraus. „Wir korrigieren regelmäßig schauspielerische Sachen, Abläufe und Bewegungen. Es stoßen neue Kollegen und Kinder dazu. Proben sind unausweichlich, auch wenn man so lange dabei ist wie ich.“ Wenn man ihn auf der kleinen Probenbühne in der vierten Etage des Theaters beobachtet, merkt man schnell, wie sehr Joachim Benoit seine Rolle verinnerlicht hat. Der Text sitzt genauso wie jede Bewegung von Zazu, dazu kommt ein sehr gutes Gespür für Komik und Timing.

„Das Stück fasziniert mich nach wie vor“, sagt der Darsteller. „Es ist so zeitlos mit den Kostümen, der Bühne, der Musik und dieser Geschichte.“ Besonders die visuelle Stärke der Show habe es ihm angetan. „Ich denke, das ist auch ein Grund, warum Menschen, die das Stück früher als Kind gesehen haben, heute mit ihren eigenen Kindern wiederkommen“, ist sich Joachim Benoit sicher. „Jeder kann sich in der Geschichte wiederfinden.“

19 Jahre auf die Rolle des Scar gewartet

Sein Kollege Jerry Marwig, der den bösen Löwen Scar spielt, pflichtet ihm bei. „Ich treffe abends auf der Elbfähre immer wieder Menschen, die mir erzählen, dass sie früher als Kinder in der Show waren und jetzt mit ihren eigenen Kindern wiedergekommen sind.“ Marwig hat seine Musicalausbildung an der renommierten Stage School in Hamburg absolviert und schon einmal vor 19 Jahren für die Rolle des Scar vorgesungen.

„Die Rolle war damals aber nicht frei“, erinnert er sich. „Also habe ich gesagt, dass sie mich anrufen sollen, wenn die Rolle vakant ist.“ Knapp zwei Jahrzehnte später kam der Anruf. „Sie haben mich dann nach London eingeflogen, damit mich die Herrschaften von Disney sehen konnten – am nächsten Tag hatte ich die Rolle.“ Völlig geplättet sei er da gewesen, obwohl er schon zahlreiche Musicalrollen gespielt hat und mehrfach für bekannte TV-Serien wie „Großstadtrevier“ vor der Kamera stand.

18 Kilo schweres Kostüm ist eine Herausforderung

Ein schöner Zufall: Im Film wurde Scar von Thomas Fritsch synchronisiert, mit dem Jerry Marwig am Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg gemeinsam auf der Bühne stand. „Thomas Fritsch hat das großartig gemacht. Das habe ich ihm damals auch gesagt. Diesen Sarkasmus, den er in die Stimme von Scar gelegt habt, habe ich mir ein bisschen von ihm abgeschaut.“ Die größte Herausforderung an der Rolle ist für den 1,93 Meter großen Hünen aber das 18 Kilo schwere Kostüm und die Maskenarbeit.

„Ich habe diese riesige Löwenmaske auf dem Kopf, mit der ich 2,50 Meter groß bin und bei der ich alles selbst bewegen muss, damit die Maske nach vorn fährt oder nickt.“ Die Steuerung erfolgt über einen Controller, den der Darsteller in seiner rechten Hand hält. „Das ist alles minutiös geprobt, damit es so fließend aussieht, dass es niemandem auffällt.“ Mit der Maske ist er nach eigener Aussage mittlerweile schon an jedem Türrahmen im Theater hängen geblieben. „Langsam bekomme ich aber Übung“, lacht Jerry Marwig am Rande der Probe.

Text: Dominik Lapp