Probenendspurt: „Die Eiskönigin“ bereitet sich auf Hamburg vor
Nur noch zwei Wochen, dann verwandelt sich das Theater an der Elbe in Hamburg allabendlich in einen magischen Eispalast. Denn die Deutschlandpremiere des neuen Disney-Musicals „Die Eiskönigin“ (Originaltitel: „Frozen“) steht in den Startlöchern, der Probenendspurt wurde eingeläutet, ein erster szenischer Vorgeschmack auf die neue Show jetzt der Presse präsentiert.
Im Zuschauerraum ist noch allerhand Technik zu sehen, Regietisch, Licht- und Tonpult sind in den Reihen aufgebaut, die Show ist noch nicht fertig. „Gestern hatten wir unseren ersten kompletten Showdurchlauf, es war großartig“, berichtet Regisseur Adrian Sarple. In den nächsten zwei Wochen wird aber noch gefeilt. Da werden Tanzszenen von Choreograf Charlie Williams perfektioniert, Szenenübergänge rund gemacht, die technischen Abläufe finalisiert – damit zur Premiere alles wie am Schnürchen läuft.
Bühnenportal verwandelt sich in Eis
Wer schon einmal ein Disney-Musical gesehen hat, wird ahnen, mit welch einem Aufwand und besonderen Zauber eine Show wie „Die Eiskönigin“ produziert wird. Eine Szene entlockt den anwesenden Journalistinnen und Journalisten am Tag der Pressepräsentation einige Ahs und Ohs. Als nämlich aus dem Orchestergraben eine dramatische Musik dröhnt, hört man plötzlich Eis knacken und in wenigen Sekunden fliegt ein funkelnd-glitzernder Eisblitz über das hölzerne Bühnenportal, überzieht es vollständig mit Eis. Der Vorhang hebt sich, ein Schneesturm zieht auf, das Eisknacken wird lauter, von der linken Seitenbühne schieben sich überdimensional große Eisspitzen auf die Bühne. Aus dem fiktiven nordischen Königreich Arendelle ist eine fantastische Eislandschaft geworden – dargestellt mithilfe von Licht und Video, was die Verwandlung täuschend echt erscheinen lässt.
Allein durch diese kleine Präsentation wird schnell klar, auf was für eine aufwändige Show sich das Publikum in Hamburg freuen darf. Illusionen werden bei Disney eben groß geschrieben, das macht den besonderen Disney-Zauber aus. „Die größte Herausforderung für uns war, die Möglichkeiten, die der Animationsfilm mit sich bringt, für die Bühne zu adaptieren“ sagt Produzentin Kerstin Schnitzler, die für Stage Entertainment schon mehr als 100 Musicalproduktionen auf die Bühne gebracht hat.
Erfolgreicher Animationsfilm
Der oscarprämierte Animationsfilm „Die Eiskönigin“ aus dem Jahr 2013, auf dem das Musical basiert, galt mit einem Einspielergebnis von 1,3 Milliarden Dollar als der erfolgreichste Animationsfilm weltweit. Allein in Deutschland sahen rund 6,5 Millionen Menschen den Streifen, der mehr als 53 Millionen Euro an den deutschen Kinokassen einspielte. Die Fortsetzung im Jahr 2019 war dann sogar noch erfolgreicher, wurde in Deutschland von 6,8 Millionen Menschen gesehen und spielte hier über 55 Millionen Euro ein – weltweit über 1,4 Milliarden Dollar.
Sabrina Weckerlin spricht von einer Ikonenrolle
Sabrina Weckerlin, die die Rolle der Eiskönigin Elsa im Musical spielen wird, sagt: „Das ist schon krass, weil einfach jeder diesen Film kennt. Man kann kaum irgendwo hingehen, ohne Anna und Elsa auf einem Rucksack, einem Pulli oder einer Mütze zu sehen.“ Selbst beim Einkaufen stieße sie immer wieder auf die Marke „Die Eiskönigin“. Ehrfürchtig sagt sie weiter: „Es ist wirklich der absolute Wahnsinn, so eine Ikonenrolle wie Elsa spielen zu dürfen. Und es ist eine wahnsinnige Ehre für mich, jeden Abend auf der Bühne den Welthit ‚Let it go‘ singen zu dürfen. Der Song ist pure Magie.“ Und damit dürfte sie Recht haben, denn „Let it go“ – auf Deutsch: „Lass jetzt los“ – wurde 2014 als bester Filmsong unter anderem mit einem Oscar ausgezeichnet, 2015 folgte der Grammy Award für den besten für visuelle Medien geschriebenen Song.
Erste große Hauptrolle in einer Deutschlandpremiere für Celena Pieper
Für Celena Pieper, die als Elsas Schwester Anna auf der Bühne stehen wird, fühlt sich alles noch surreal an. Kein Wunder: Ist es doch die erste große Hauptrolle in einer Deutschlandpremiere für die junge Nachwuchskünstlerin aus Osnabrück. „Man fühlt sich wie eine Disney-Figur, die plötzlich aus dem Fernseher auf die Bühne springt. Wenn ich mich in voller Montur im Spiegel sehe, denke ich manchmal wirklich, ich sei Anna“, sagt Pieper und lacht. Dass sie ihrer großen Rolle vollends gewachsen ist, zeigt sie kurz darauf, als die ersten zwei Szenen aus dem Musical auf der Bühne präsentiert werden.
Erster Einblick in die Show
In der ersten Szene macht sich Anna bereit für die Krönungszeremonie ihrer Schwester. Hier schafft es Celena Pieper, mit jugendlicher Ausstrahlung und süßer Naivität schauspielerisch zu überzeugen und gesanglich in der Nummer „Zum ersten Mal seit Langem“ zu brillieren. Als sich im weiteren Verlauf des Songs das gewaltige Tor von Schloss Arendelle öffnet und die Bürgerinnen und Bürger des Königreichs hindurchströmen, starker Ensemblegesang ins Auditorium geschmettert wird, ist das ein echter Gänsehautmoment. Und alle sind sie da, auch der Herzog von Pitzbühl (Eric Minsk), Prinz Hans von den südlichen Inseln (Milan van Waardenburg) und Kristoff (Benet Monteiro) mit Rentier Sven (Petter Linsky).
In der zweiten Szene hat sich die Bühne in Elsas funkelnden Eispalast verwandelt, und auch der Publikumsliebling aus dem Film – Schneemann Olaf, im Musical gespielt von Elindo Avastia – hat einen Auftritt. In dem berührenden Duett „Du bist alles“, das noch nicht im Film existierte und eigens für das Musical geschrieben wurde, harmonieren Celena Pieper und Sabrina Weckerlin hervorragend miteinander. Sowohl schauspielerisch als auch gesanglich liefern sie einen starken Vorgeschmack auf das, was das Publikum künftig in Hamburg geboten bekommt.
„Die Eiskönigin“ versus „Harry Potter“
Ob „Die Eiskönigin“, diese magische Geschichte mit ihren lebendigen und ausgereiften Figuren sowie einer technisch aufwändig gestalteten Welt mit Fjorden, Wäldern und Bergen, dauerhaft als Musical bestehen und an den Erfolg des Films anknüpfen kann, wird sich zeigen müssen. Einen großen Erfolg könnte Veranstalter Stage Entertainment nach anderthalbjähriger Corona-Zwangspause sicherlich gut gebrauchen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Konkurrenz groß ist, weil Marktbegleiter Mehr-BB-Entertainment nur einen Monat nach der Premiere von „Die Eiskönigin“ mit der aufwändigen Schauspielproduktion „Harry Potter und das verwunschene Kind“ einen großen Publikumsmagneten in Hamburg platzieren will. Auf beiden Seiten der Elbe wird in Zukunft also mit magischen Shows um zahlungskräftige Besucherinnen und Besucher gebuhlt.
Text: Dominik Lapp