„Hercules“ (Foto: Dominik Lapp)
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Warm machen für die Uraufführung: Probenbesuch bei Disneys „Hercules“ in Hamburg

In Hamburg wird sich warm gemacht für die Uraufführung des neuesten Disney-Musicals. Wobei das untertrieben ist. Denn auf der Probebühne im vierten Obergeschoss der Neuen Flora befinden sich Cast und Kreativteam mittlerweile schon in der vierten Woche der Proben für „Hercules“. Der Presse werden an einem regnerischen Dienstag drei Szenen aus dem ersten Akt präsentiert. Natürlich noch ohne Kostüme, Licht und Bühnenbild. Letzteres wird ein paar Stockwerte tiefer gerade auf der Hauptbühne installiert und lässt einen griechischen Tempel entstehen.

„Etwas mehr Sonnenschein wäre schön. Heute ist ein typischer Tag im Februar“, scherzt der Regisseur und Choreograf Casey Nicholaw. „Aber abgesehen vom Wetter, liebe ich es, hier in Hamburg zu arbeiten. Es ist eine großartige Cast.“ Nicholaw ist in der internationalen Musicalbranche kein Unbekannter. Der Amerikaner inszenierte für Disney schon „Aladdin“, darüber hinaus brachte er „Dreamgirls“ auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Für „The Book of Mormon“ und „Some like it hot“ wurde er in den Jahren 2011 und 2023 mit dem begehrten Tony Award ausgezeichnet. Was ihn an „Hercules“ reizt? „Es ist eine brandneue Show, die eine herzerwärmende und lustige Geschichte erzählt“, so der Regisseur.

Keine bloße Kopie: Musical vom Film lediglich inspiriert

Aber bei „Hercules“ ist Casey Nicholaw nicht nur als Regisseur, sondern ebenso als Choreograf tätig. Der Kreativkopf erweckt die Bühnenfiguren also gleich im doppelten Sinne zum Leben, bringt ihnen Sprechen und Tanzen bei. Und dabei lässt ihm Disney sogar freie Hand. „Wir sind in der Umsetzung frei und entfernen uns durchaus von der Filmvorlage. Aber wir haben natürlich die fantastische Musik von Alan Menken, die man aus dem Film kennt.“ Tatsächlich schreibt auch die Produktionsfirma Stage Entertainment in ihren Presseunterlagen, dass das Musical lediglich vom Film inspiriert sei. Die Musicalversion wird also keine bloße Kopie der Zeichentrickvorlage. So lässt sich vielleicht erklären, wieso aus den Filmfiguren Pech und Schwefel die Bühnenfiguren Karl und Heinz wurden. Zusätzlich zu den bekannten Filmsongs hat Komponist Menken außerdem neue Lieder für das Musical geschrieben, darunter eine Big-Band-Solonummer für Hades. „Darauf freue ich mich sehr, das wird fett – mit der ganzen Unterwelt und Monstern“, schwärmt Detlef Leistenschneider, der als Hercules‘ Widersacher auf der Bühne stehen wird.

Was da in Hamburg auf die Bühne kommt, wird nach ersten Testaufführungen des unfertigen Stücks in den USA also eine echte Weltpremiere sein. Ob diese als Vorlage für weitere Inszenierungen auf der ganzen Welt dienen wird? „Hoffentlich“, sagt der Regisseur. „Ich denke, dass wir die Show in Hamburg kreieren und den Weg ebnen für weitere Produktionen.“

„Hercules“ (Foto: Dominik Lapp)

Erfindet Disney sich neu?

Spannend wird sein, ob Disney sich mit „Hercules“ neu erfindet und das Publikum überrascht. So wie es damals mit den Tierfiguren beim „König der Löwen“, der magischen Tasche von „Mary Poppins“, dem fliegenden Teppich in „Aladdin“ oder den Effekten bei der „Eiskönigin“ passiert ist. Was sich bei der Pressepräsentation zumindest schon mal zeigt: Bei „Hercules“ setzt der Unterhaltungskonzert erneut auf Puppen. Allerlei Kreaturen wie Schlangen und Monster der Unterwelt, entwickelt von Puppet-Designer James Oritz, sind auf der Probebühne zu sehen, die von Mitwirkenden bewegt werden. Zum Produktionsteam gehören mit George Reeve und Jeremy Chernick außerdem ein Videodesigner und ein Experte für Spezialeffekte. Das Publikum darf sich somit auf ein Zusammenspiel von dreidimensionalem Bühnenbild, Videotechnik und Effekten freuen.

Einer dieser Effekte soll auch am Kostüm von Unterwelt-Boss Hades zum Einsatz kommen, das Gregg Barnes und Sky Switser entworfen haben. Im Disney-Film hat die Figur eine blaue Flamme auf dem Kopf, auf der Bühne wird das Kostüm wohl qualmen. Darsteller Detlef Leistenschneider hält sich dazu zwar noch etwas bedeckt, sagt aber mit einem Grinsen im Gesicht: „Es verdichten sich die Gerüchte, dass es so sein könnte.“ Insgesamt sollen in der Show 266 Kostüme zum Einsatz kommen, die aus 2.500 Metern Stoff in 24 Werkstätten in elf Ländern gefertigt wurden.

Im Verlauf der Probe wird klar, dass „Hercules“ ein Stück ist, das mit dem bekannten Disney-Humor aufwartet. In der Nummer „Ich weiß, das wird heut‘ mein Tag“ werden die Zuschauerinnen und Zuschauer den Titelhelden kennen lernen. Auf einem Marktplatz ist Hercules mit seiner Tollpatschigkeit und übermenschlichen Kraft überfordert und sorgt für ein riesiges Chaos. Einige Dinge gehen zu Bruch. In der Probe sieht man das zwar nicht immer, hört es aber, da die entsprechenden Soundeffekte eingespielt werden. Dass zusätzlich die Säulen eines Tempels einstürzen, verriet Disney-Chef Thomas Schumacher schon bei einem Pressetermin vor zwei Monaten.

„Hercules“ (Foto: Dominik Lapp)

Benét Monteiro überzeugt als Titelheld

Benét Monteiro zeigt im Probenprozess, dass er wie gemacht ist für die Rolle des Titelhelden. Durch seine regelmäßigen Besuche im Fitnessstudio hat er an Muskelmasse zugelegt, seine Aussprache hat sich seit „Hamilton“, wo der Brasilianer bereits gut zu verstehen war, noch einmal verbessert – und gesanglich legt er wie gewohnt viel Gefühl in die Stimme.

In der Szene „Vergiss das lieber“ treffen Hercules und Meg erstmals aufeinander. Hier zeigt sich, dass Monteiro und Bühnenpartnerin Mae Ann Jorolan wunderbar miteinander harmonieren und Disney mit Meg kein Klischee bedient, sondern eine moderne und selbstbewusste Frau präsentiert, die sich von einem Mann nicht aus den Fängen eines Ungeheuers retten lassen muss.

Auch die stimmstarken Darstellerinnen der fünf Musen lassen mit „Von Zero auf Hero“ erahnen, welche Art von Finale am Ende des ersten Akts auf das Publikum zukommt. Zusätzliche Power erhält der Song durch die dynamische Choreografie, für die sich Casey Nicholaw mit Tanisha Scott eine exzellente Co-Choreografin an die Seite geholt hat, die an Superbowl-Werbespots und mehr als 60 Musikvideos von Stars wie Rihanna mitwirkte sowie George Clooney für den Film „Money Monster“ das Tanzen beibrachte. In Hamburg geht man also auf Nummer sicher und hat nur die Besten der Besten engagiert, um mit „Hercules“ einen Hit zu landen. Ob das gelingt, wird sich ab dem 24. März 2024 zeigen.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".