Interview mit vier „Hercules“-Mitwirkenden: „Wir sind die Ersten!“
Im März 2024 hebt sich in Hamburg erstmals der Vorhang für die Weltpremiere des Disney-Musicals „Hercules“ in der Neuen Flora. Im Rahmen eines Pressetermins standen uns vier Mitwirkende in einer kurzen Fragerunde Rede und Antwort: Chasity Crisp wird die Rolle der Muse Thalia spielen, Detlef Leistenschneider mimt als Hades den bösen Herrscher der Unterwelt, Mae Ann Jorolan gibt die taffe Meg und Benét Monteiro wird als Titelheld auf der Bühne stehen.
Warum ist es besonders, bei einer Musical-Weltpremiere wie „Hercules“ mitzuwirken?
Chasity Crisp: Weil wir die Ersten sind. Da ist Nervosität und Angst, aber auch so ein Vertrauen, das dazukommt.
Detlef Leistenschneider: Wir sind jetzt gerade dabei, etwas zu schaffen, das es noch nicht gibt. Normalerweise kommen Shows vom Broadway zu uns. Nun aber liefern wir ein Vorbild für den Broadway. Auf jeden Fall ist es eine Ehre, dass wir die Ersten sind, die das Stück aufführen und kreieren dürfen. Ich bin mir sicher, dass es anschließend auch irgendwann am Broadway und im West End zu sehen sein wird. Alles schaut jetzt erst mal auf Hamburg.
Mae Ann Jorolan: Ich finde es spannend, bei der Entstehung einer ganz neuen Show dabei zu sein. Das kann nicht jeder von sich behaupten, und dann auch noch für Disney arbeiten zu dürfen.
Benét Monteiro: Ich habe das Gefühl, dass ich bei einer Weltpremiere ein bisschen mehr Freiheiten haben werde. Außerdem muss irgendetwas an mir besonders sein, dass man mich für die Rolle ausgewählt hat. Das ehrt mich, ich fühle mich bereit dafür.
Benét, hast du eigentlich schon realisiert, dass es nach „Die Eiskönigin“ und „Hamilton“ mit „Hercules“ nun schon deine dritte Produktion in Folge in Hamburg ist?
Benét Monteiro: Nein, das habe ich noch nicht realisiert. Das ging alles sehr schnell und Schlag auf Schlag. Ich bin immer sehr fokussiert auf das, was ich aktuell mache. Irgendwann werde ich zurückblicken und erstaunt sein, was in den Jahren alles passiert ist und welche Rollen ich gespielt habe.
Kanntet ihr den Disney-Film „Hercules“ bereits und habt euch daraus Inspiration geholt?
Chasity Crisp: Ich kannte den Film, habe ihn gefühlt tausendmal gesehen. Aber vor der Audition habe ich ihn mir noch mal angeschaut, um mir Inspiration von Gospel zu holen und die Musen abzuchecken und zu sehen, ob ich das kann.
Detlef Leistenschneider: Ich kannte den Film, habe ihn aber als Unterhaltungsfilm geguckt. Erst als ich wusste, dass ich zur Audition gehen würde, habe ich ihn mir noch mal genauer angesehen. Ich wollte wissen, wie Hades eigentlich ist. Das ist sehr spannend, weil er ein Bösewicht ist und doch eine komödiantische Seite hat.
Mae Ann Jorolan: Ich kannte den Film natürlich auch und habe ihn vor allem als Kind sehr oft gesehen. Inspiration habe ich mir nicht direkt geholt, aber ich bin schon sehr gespannt, wie viel das Kreativteam von meinem Filmcharakter auf der Bühne umsetzen will.
Benét Monteiro: Ich habe den Film auch gesehen. Und „Go the Distance“ war für mich immer ein Auditionsong. Meine Verbindung zu diesem Lied ist deshalb sehr nah und emotional. Jetzt brauche ich noch ein bisschen Zeit dafür, dass ich diese Geschichte erzählen werde.
Was ist die größte Herausforderung an euren Rollen?
Chasity Crisp: Ich hatte noch nie eine Rolle, in der ich die Storytellerin war. Ich werde in „Hercules“ mit dem Publikum reden und bin es eigentlich gewohnt, mit den anderen Darstellerinnen und Darstellern zu spielen. Aber jetzt spiele ich auch nach draußen. Das wird etwas Neues für mich sein.
Detlef Leistenschneider: Hades ist ein ziemliches Plappermaul, es gibt also viel Text zu lernen. Das Comedy-Timing so auszuspielen, dass es für das Publikum witzig wird, ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Ein paar Sachen versuche ich mir natürlich von der Filmfigur abzugucken, damit es einen Wiedererkennungswert hat. Aber grundsätzlich will ich mich von der Vorlage lösen und eine eigene Figur entwickeln.
Mae Ann, nach „Hamilton“ darfst du für „Hercules“ weiterhin in Hamburg bleiben, wo du auch deine Musicalausbildung absolviert hast. Wie ist das für dich?
Mae Ann Jorolan: Das ist unfassbar toll. Ich bin seit meiner Ausbildung an der Stage School nicht wirklich von Hamburg weggegangen. Jetzt genieße ich es, noch eine Weile hierzubleiben.
Wie wichtig ist es, dass sich Casting-Verantwortliche immer mehr von klassischen Rollenbildern verabschieden und diverser besetzen?
Chasity Crisp: Das liegt mir sehr am Herzen, und ich bin sehr stolz darauf. Als Benét bei der Präsentation heute gesungen hat, hatte ich Tränen in den Augen. Es ist so schön – und es ist Zeit, dass das jetzt alles so passiert.
Mae Ann Jorolan: Ich finde es fantastisch. Die Geschichten erzählen sich ja immer noch, egal wie man aussieht. Das sollte der Standard sein.
Benét Monteiro: Das ist ein sehr sensibles Thema für mich. Als bekannt gegeben wurde, dass ich Hercules bin, haben sich viele Menschen gefreut. Aber ich habe in den sozialen Medien auch einige negative Kommentare gelesen. Das hat etwas mit mir gemacht. Ich habe mich unerwünscht gefühlt. Aber auch Hercules kennt dieses Gefühl, von der Gesellschaft nicht erwünscht zu sein. Am Ende wird er trotzdem geliebt. Deshalb freue ich mich, dass ich diese Person verkörpere, die diesen Weg geht. Irgendwann muss es ganz normal sein. Es darf nicht mehr diskutiert werden, warum jemand eine Rolle spielt, obwohl er schwarz ist. Ich wünsche mir, dass das irgendwann kein Thema mehr ist.
Interview: Dominik Lapp