Iris Limbarth (Foto: Dominik Lapp)
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Interview mit Iris Limbarth: „Es ist eine großartige Gemeinschaft in Meppen“

Sie hat als Tänzerin und Musicaldarstellerin gearbeitet, bevor sie Regisseurin und Choreografin wurde: Iris Limbarth. Inzwischen ist die Kreativschaffende auch Intendantin der Freilichtbühne Meppen und wurde zweifach für ihren Einsatz für die Nachwuchsförderung ausgezeichnet. Im Interview spricht Iris Limbarth darüber, warum ihr der Musicalnachwuchs so wichtig ist, wie sie junge Talente unterstützt, was die Gemeinschaft in Meppen auszeichnet und welche Herausforderungen mit ihrer Arbeit dort verbunden sind.

Neben der Freilichtbühne Meppen, wo du Intendantin bist und als Regisseurin und Choreografin arbeitest, leitest du noch das Junge Staatsmusical am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und das Junge Musical der Pfalzbaubühnen in Ludwigshafen. Liegt dir die Nachwuchsförderung sehr am Herzen?
Ja, das ist schon so. Ich bin mit dem Jungen Staatsmusical in Wiesbaden groß geworden, da ich eine Tanzausbildung absolviert habe und Ende der Achtziger, Anfang der Neunzigerjahre als Elevin am Staatstheater Wiesbaden war, als das Junge Staatsmusical gegründet wurde. Da bin ich dann mehr oder weniger reingerutscht und reingewachsen. Es fühlt sich wie mein Baby an. Ein paar Jahre habe ich als Tänzerin und Musicaldarstellerin gearbeitet und dann gemerkt, dass die andere Seite für mich die Interessantere ist. Ich fand damals schon, dass es eine großartige Institution in Wiesbaden ist, wo jungen Leuten auf einem hohen Niveau die Möglichkeit geboten wird, sich auszuprobieren. Die Arbeit ist sehr konzentriert, die Leute, die sich zum Casting anmelden, wollen das wirklich machen. Ob sie es hinterher schaffen, das Musical oder Schauspiel wirklich zu ihrem Beruf zu machen, ist nebensächlich. Die Begeisterung für das Theater wird bleiben. Wer da mitmacht, hat generell erst mal einen hohen Anspruch. Das Haus fördert das Junge Staatsmusical, und es ist über die Jahre wirklich zu einer Nachwuchsschmiede geworden.

In Meppen hast du jetzt auch jemanden besetzt, den du vom Jungen Staatsmusical kennst und der mittlerweile Musical studiert.
Genau. Leonard Linzer, der alternierend den Kardinal Richelieu in „3 Musketiere“ spielt, studiert aktuell Musical an der Folkwang Universität der Künste in Essen und war vorher bei mir im Jungen Staatsmusical. Ich finde es wichtig, dass wir diesen jungen Menschen den Einstieg in den Job ermöglichen, indem sie schon viel Praxiserfahrung sammeln. Da lernt man, was man in keinem Studium lernen kann. Bei mir war es als Elevin nicht anders: Ich hatte praktisch schon in jedem Ballett mitgetanzt und viel Bühnenerfahrung gesammelt, als ich mein Diplom gemacht habe.

Du scheinst beim Nachwuchs ein gutes Händchen zu haben.
Ja, irgendwie scheine ich wirklich einen guten Instinkt dafür zu haben. Nachwuchsförderung generell, aber auch an der Freilichtbühne Meppen, ist mir sehr wichtig. Früher haben die Kinder hier keine größeren Aufgaben gehabt. Ich habe dann angefangen, Stücke auch wirklich mit Kindern und Jugendlichen zu besetzen, Musicals mit Kindern für Kinder zu machen, auch mit solistischem Gesang und Choreografie, damit sie sich entsprechend entwickeln können. Es wurde schließlich ein Jugendausschuss gebildet, so dass wir hier jetzt auch in dieser Richtung Nachwuchsförderung betreiben. Wir haben zum Beispiel einen Jugendlichen, der in beiden Stücken mitspielt und früher ganz schüchtern war. Bei dem hat sich ein richtiges Selbstbewusstsein entwickelt. Das ist toll zu sehen, wie sich Menschen entwickeln, wenn man sie fordert und fördert. Es ist eine großartige Gemeinschaft in Meppen. Ich würde es nicht als Familie bezeichnen, das wäre ein bisschen pathetisch. Aber alle unterstützen sich gegenseitig, und es spielt keine Rolle, wo man herkommt oder was man als Beruf macht. Alle haben hier ihre Aufgaben, müssen nicht nur spielen, sondern auch im Verein mitarbeiten. Jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten bestmöglich ein, auf oder hinter der Bühne.

Iris Limbarth (Foto: Dominik Lapp)

Wie sieht die Altersstruktur in Meppen aus?
Wir haben im Prinzip ein Generationentheater von 8 bis 80 Jahren. Durch die Corona-Krise hatten wir einen kleinen Einbruch. Einige Leute sind für Job oder Studium weggezogen, es sind aber nicht genug nachgerückt. Das merken wir im Mittelfeld, wo wir eine kleine Delle haben. Wir haben einige gute Spieler zwischen 40 Jahren und Ende 50, dann wieder die jungen Spieler. Aber in der Klasse um die 30 Jahre herum sind wir momentan etwas dünn besetzt.

Für deine Nachwuchsförderung wurdest du mit dem Deutschen Musical Theater Preis ausgezeichnet. Was bedeutet dir diese Auszeichnung?
Ich fand es besonders schön, dass ich für diese Arbeit ausgezeichnet werde. Ich mache ja auch viele Profiproduktionen, aber diese Arbeit liegt mir besonders am Herzen. Kurz zuvor hatte ich schon die Wiesbadener Lilie für meine Arbeit und das bürgerschaftliche Engagement bekommen, eben auch für die Nachwuchsförderung. Da war ich erst mal überrascht, weil das Kinder- und Jugendprogramm am Theater oft ein bisschen nebenbei läuft und nicht unbedingt ein Schwerpunkt der Theater generell ist. Dass das so eine positive Außenwirkung hat und man die Projekte auch überregional wahrnimmt, freut mich sehr. Es ist eine große Wertschätzung meiner Arbeit, dass ich sowohl mit der Wiesbadener Lilie als auch mit dem Deutschen Musical Theater Preis ausgezeichnet wurde. Beides hat mich überrascht, aber umso mehr erfreut.

Die nächste Spielzeit in Wiesbaden dürfte mit einem Musical wie „Fack ju Göhte“ sehr spannend werden. Vor allem ist es sicher auch ein gutes Stück für junge Mitwirkende.
Ja, das stimmt. Ich bin schon seit ein paar Jahren dran, die Rechte zu bekommen. Dann kam erst mal die Tournee, aber jetzt waren die Rechte wieder zu haben. Also habe ich sofort zugeschlagen. Für das Kleine Haus hatten wir allerdings schon „Twelfth Night“ von Shaina Taub ausgewählt, was ich persönlich auch toll finde. Aber deswegen zeigen wir „Fack ju Göhte“ jetzt in der Wartburg, das ist unsere kleinste Spielstätte und wird eine Herausforderung. Aber vom Ambiente her passt es super da rein. Und ich freue mich, zwei so unterschiedliche Musicals inszenieren zu dürfen.

Wie funktioniert denn das Pendeln zwischen Wiesbaden und Meppen? Es liegen immerhin gut 400 Kilometer zwischen den Städten.
Das klappt ganz gut. Im Prinzip kennen wir das ja alle in der Musicalbranche. Reisen gehört zu unserem Geschäft. Wir haben immer im September oder Oktober in Wiesbaden Premiere mit dem ersten Stück. Danach bereite ich Meppen vor, dann haben wir in Wiesbaden die zweite Premiere im März. Anschließend bin ich bis zum Sommer in Meppen. Der Zeitaufwand ist in etwa 50:50, die Vorbereitung läuft parallel. In der Regel mache ich zusätzlich noch eine Produktion in Ludwigshafen, allerdings mit Hilfe von Assistentinnen, und noch eine weitere Profiproduktion. Im März habe ich in Pforzheim „Fame“ inszeniert, im kommenden Winter inszeniere ich noch den „Kleinen Horrorladen“ in der Komödie Frankfurt.

Iris Limbarth (Foto: Dominik Lapp)

Wie weit im Voraus planst du, was die Stückauswahl betrifft?
Das wird leider immer schwieriger. Wir sind jetzt gerade dran und hatten natürlich gehofft, weil Tecklenburg es dieses Jahr spielt, dass wir nächstes Jahr „Mamma Mia!“ machen dürfen. Aber die Rechte wurden wieder zurückgezogen (der Grund dafür ist die 2025 anstehende Tour, Anm. d. Red.). Oft stehen wir auch vor der Herausforderung, dass wir Stücke nicht spielen dürfen, weil wir kein Orchester oder keine Band haben. Ich hatte schon Stücke wie „Mozart!“ ins Auge gefasst, aber ohne Band ist das nicht so einfach mit den Rechten. Wir sind also noch in der Planung für nächstes Jahr. Eigentlich wollten wir sie schon abgeschlossen haben.

Wie ist es musikalisch bei den Stücken, die ihr in Meppen spielt: Gibt es die Musik schon digital als Aufnahme, wird eine CD verwendet oder muss das jedes Jahr neu aufgenommen werden?
Das ist unterschiedlich. Der Verlag Musik und Bühne hat zum Beispiel viele Musicals von MTI im Angebot, die mittlerweile eine Musik-Library haben. Bei „Sister Act“ im letzten Jahr war das so. Oft nutzen wir aber auch einen Synergie-Effekt. Da ich die Stücke, die ich in Meppen zeige, schon mal in Wiesbaden gemacht habe, können wir einerseits Kostüme und Bühnenbild dort ausleihen und andererseits die Musik in Wiesbaden von unserer zehnköpfigen Band aufnehmen lassen. Diese Band hat für uns auch die Musik für „3 Musketiere“ aufgenommen.

Die Aufnahmen klingen gut, aber Livemusik in Meppen wäre doch sicher ein echter Qualitätsschub.
Langfristig kommt das bestimmt irgendwann mal. Aber das hat noch nicht oberste Priorität, zumal es auch nicht einfach ist, Profimusiker ins Emsland zu bekommen. Die haben dann weite Anfahrten, die mit hohen Kosten verbunden sind. Und man benötigt zusätzlich noch weitere Funkfrequenzen. Außerdem muss es für unsere Tonabteilung händelbar sein. Man darf nicht vergessen, dass das ja keine hauptberuflichen Tontechniker sind, die dann aber noch eine ganze Band abmischen müssen. Wir hatten jetzt auch gerade erst eine große Investition mit unserem Dach, im nächsten Jahr soll der Zuschauerraum neu gestaltet werden. Ich denke also, dass wir im Moment mit den gut gemachten Aufnahmen ganz gut fahren. Aber wer weiß.

Nachdem du das Dach gerade erwähnst: Was macht das für euch möglich?
Das Dach macht möglich, dass wir immer proben und spielen können. Das gibt uns eine große Planungssicherheit, auch finanziell. Als wir das Dach noch nicht hatten, waren wir immer sehr abhängig vom Wetter, was sich im Kartenvorverkauf widerspiegelte. Die Leute haben oft abgewartet, wie das Wetter wird, bevor sie sich Tickets besorgt haben. Jetzt sichern sie sich schon lange im Voraus ihre Karten, weil sie wissen, dass wir in der Regel immer spielen. Wir haben nun auch viel bessere Möglichkeiten für Beleuchtung und Soundanlage. Davon abgesehen, ist es natürlich auch für des Ensemble gesünder und für die Ausstattung besser, wenn man dem Wetter nicht so extrem ausgesetzt ist, sei es pralle Sonne oder Dauerregen. Klasse ist auch, dass das Dach so hoch und leicht ist und somit das Freilichtflair nicht verloren geht. Man sieht immer noch viel von der Natur.

Interview: Dominik Lapp

„3 Musketiere“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)
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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".