Myriam Akhoundov (Foto: Dominik Lapp)
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Interview mit Myriam Akhoundov: „Seit ich denken kann, wollte ich Musicaldarstellerin werden“

Myriam Akhoundov ist eine vielseitige Musicaldarstellerin, die schon früh ihre Leidenschaft für die Bühne entdeckt hat. Von ersten Erfahrungen in Kindermusicals bis hin zu großen Produktionen wie „Fack ju Göhte“ hat sie ihren Weg konsequent verfolgt. Im Gespräch erzählt sie, wie sie zur Bühne fand, welche Herausforderungen und Highlights sie in ihrer Karriere bislang erlebt hat und was sie an ihrer Rolle der Marie von Sternberg im Musical „1648“ besonders reizt.

Du hast schon als Kind auf der Bühne gestanden und in Kindermusicals mitgespielt. Wie entstand daraus der Wunsch, das professionell zu machen und Musicaldarstellerin zu werden?
Das begann, als ich mit vier Jahren in einem „Ritter Rost“-Musical saß. Da waren viele Kinder auf der Bühne, und ich war sofort begeistert. Ich sagte meiner Mutter direkt danach: „Das möchte ich auch machen!“ Daraufhin schickte sie mich in die musikalische Früherziehung. Von dort ging es weiter zur Folkwang Musikschule in Essen, wo viele Kindermusicals veranstaltet wurden, bei denen ich immer mitgemacht habe. Meine Lehrer bestärkten meine Mutter darin, dass das vielleicht ein Weg für mich sein könnte. Seit ich denken kann, wollte ich Musicaldarstellerin werden. Sobald ich den Begriff kannte, wusste ich, dass das mein Ziel ist.

Myriam Akhoundov (Foto: Dominik Lapp)

War es dann für dich ein Heimspiel, dass du in Essen Musical studieren konntest? Gab es prägende Erlebnisse in dieser Zeit?
In gewisser Weise schon. Ich bin im selben Stadtteil zur Schule gegangen, in dem ich später studiert habe. Ich besuchte ein Tanzgymnasium und wechselte dann quasi ums Eck an die Folkwang Universität. Das war ein Glück, weil ich im ersten Jahr noch zu Hause wohnen bleiben konnte. Das hat mir den Einstieg erleichtert, bis ich dann im zweiten Jahr ausgezogen bin, weil ich merkte, dass es Zeit war, selbstständiger zu werden. Die Zeit dort hat mich sehr geprägt. Es war verrückt, in meiner Heimatstadt zu sein und plötzlich von so vielen Menschen umgeben zu sein, die aus ganz verschiedenen Teilen Deutschlands und der Welt kamen. Das hat meinen Horizont erweitert und mich weltoffener gemacht. Vor allem die Zusammenarbeit mit so vielen talentierten Leuten hat mich wachsen lassen.

Was hat dich bejetzt sonders gereizt, die Rolle der Marie von Sternberg im Musical „1648“ ein zweites Mal zu spielen?
Bei der Uraufführung damals war alles sehr straff organisiert – wir hatten nur dreieinhalb Wochen Probenzeit. Dadurch gab es Momente, in denen ich dachte: „Oh, da würde ich gerne noch mal tiefer eintauchen.“ Die Wiederaufnahme ist daher eine tolle Gelegenheit, noch einmal musikalisch an die Rolle heranzugehen und sie weiterzuentwickeln. Ich freue mich auch über die neuen Ensemblemitglieder. Natürlich ist es schade, dass einige altbekannte Gesichter fehlen, aber der frische Wind tut dem Stück gut. So können wir die Szenen noch einmal neu entdecken und weiter vertiefen.

Wie hast du dich auf die Wiederaufnahme vorbereitet? Hast du dir das Material noch einmal angesehen oder bist du direkt in die Proben gegangen?
Ja, ich habe mir unser damaliges Video angeschaut, um mich wieder in die Rolle hineinzufühlen. Auch musikalisch habe ich mir das Material noch einmal angehört, um zu sehen, wie es sich in meiner Stimme anfühlt – schließlich entwickelt man sich stimmlich und darstellerisch weiter.

Myriam Akhoundov im Musical „1648 - Macht. Liebe. Intrige.“ (Foto: Dominik Lapp)

Wie würdest du Marie von Sternberg charakterisieren? Was macht sie aus?
Sie ist eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist. Gerade im 17. Jahrhundert war es ungewöhnlich, dass eine Frau ihre Meinung so offen aussprach und sich auf Augenhöhe mit Männern – auch mit älteren und mächtigen Personen – unterhielt. Am Anfang des Stücks kommt sie aus eher einfachen Verhältnissen. Sie lernt im Verlauf der Handlung, wie man diplomatische Gespräche führt und Menschen erreicht. Auch ihre Beziehung zu Johann entwickelt sich von einer jugendlichen Naivität hin zu einer tieferen Verbindung. Sie findet ihren Weg und baut sich ihre Position auf – natürlich mithilfe von Verbündeten.

In dem Stück werden historische Ereignisse mit modernen Musikstilen verbunden. Gibt es besondere musikalische Highlights oder Herausforderungen für dich?
Ich mag es total, dass die Musik so breit gefächert ist und moderne Einflüsse hat. Ein Highlight ist das Duett „Ich herrsch‘ hier allein“ von Marie und Anna Sture. Es ist fast wie ein Reggaeton-Battle zwischen zwei Frauen in historischen Kleidern – das macht einfach Spaß! Auch das Opening und das Finale gefallen mir sehr, weil sie Hip-Hop-Elemente enthalten. Das ist in Musicals immer noch selten und bringt eine besondere Energie in das Stück.

Das Stück wird in Osnabrück aufgeführt, die Handlung spielt dort und thematisiert den Westfälischen Frieden. Wie ist es, ein historisches Ereignis am Originalschauplatz zu spielen?
Das finde ich sehr spannend. Der historische Kontext passt perfekt zur Stadt. Was mir besonders gefällt, ist, dass das Stück historische Fakten vermittelt, ohne belehrend zu wirken. Ich kann mir gut vorstellen, dass es gerade auch mal für Schulklassen interessant ist.

Myriam Akhoundov (Foto: Dominik Lapp)

Du hast auch in „Fack ju Göhte“ gespielt und dabei zwei sehr unterschiedliche Rollen übernommen: erst Zeynep, dann Chantal. Wie war dieser Wechsel für dich?
Ich fand es toll! Nach etwa 75 Vorstellungen als Zeynep hatte ich Lust auf eine neue Herausforderung. Es war spannend, dass die Produktion sich bewusst für mich als Chantal entschieden hat – auch wenn sie optisch oft als blondes Klischee dargestellt wird. Ich habe mich gefragt, wie das Publikum darauf reagieren würde, aber tatsächlich hat es – zumindest was ich mitbekommen habe – niemanden gestört. Vielleicht waren die ersten fünf Minuten ungewohnt, aber danach waren alle voll dabei. Das zeigt, dass sich in der Musicalbranche einiges verändert – Typ, Hautfarbe oder Körperbau spielen nicht mehr die Hauptrolle.

Gibt es Pläne oder Träume für deine Zukunft im Musicalbereich?
Ich lasse vieles gerne auf mich zukommen. Es gibt natürlich Stücke, die ich spannend finde – zum Beispiel „The Addams Family“, wo ich gern mal Wednesday spielen würde. Aber ehrlich gesagt bin ich schon sehr glücklich mit den Rollen, die ich bisher spielen durfte. Ich bin offen für das, was noch kommt.

Interview: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".