Veronika Hörmann (Foto: Dominik Lapp)
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Interview mit Veronika Hörmann: „Wenn ich alle Sondheim-Stücke gespielt habe, kann ich in Rente gehen“

Schon als Kind stand sie auf der Bühne, ließ Familie und Freunde für ihre Wohnzimmer-Shows Eintritt zahlen – heute begeistert sie auf Musicalbühnen in ganz Deutschland. Ob große Klassiker oder moderne Stücke, ob komödiantisch oder dramatisch: Vielseitigkeit ist eine Stärke von Veronika Hörmann. Im Interview spricht sie über spontane Einspringer, ihre Liebe zu Stephen Sondheim und warum sie sich immer wieder gerne überraschen lässt.

Du hast schon als kleines Kind bei „Kinderquatsch mit Michael“ vor der Kamera gestanden. War dir damals schon klar, dass du auf die Bühne willst?
Ich glaube, das wusste ich damals noch nicht. (lacht) Aber ich habe auf jeden Fall schon als Kind gerne gesungen und getanzt, war im Chor in der Grundschule. Und ich habe meine Eltern genervt, dass sie mich beim „Kinderquatsch“ anmelden sollen. Also das kam nicht von ihnen. Man musste mit der Bewerbung auch Fotos einsenden, also Headshots, und ich kann mich noch erinnern, dass ich sehr darauf geachtet habe, was ich anziehe, wie ich mich präsentiere. Ich wollte auf keinen Fall lachen, weil ich mich als ernstzunehmende Künstlerin präsentieren wollte. Darüber muss ich heute echt lachen.

Was hat dich ursprünglich dazu bewegt, Musicaldarstellerin zu werden? Gab es einen Schlüsselmoment? 
Es war schon immer in mir drinnen, und ich habe auch zu Hause immer kleine Shows vorbereitet, mich auf den Stuhl gestellt und gesungen. Die Leute mussten auch Eintritt zahlen – also umsonst habe ich nie gearbeitet. (lacht) Außerdem war ich auf einer Schule in Garmisch, wo wir einen fabelhaften Chor hatten, eine Schauspielgruppe und ein Orchester. Als ich in der sechsten Klasse war, habe ich dort die Erzählerin im Musical „Joseph“ gespielt. Weil die Rolle allerdings recht groß ist, habe ich sie mir mit einer Mitschülerin geteilt. Daran habe ich viele Erinnerungen, auch an unsere Dernière, wo unser Technikteam Wunderkerzen angemacht und ein Banner mit der Aufschrift „Es war so schön mit euch“ heruntergelassen hat. Da ist mir das Herz aufgegangen, und ich habe zu meiner Mama gesagt, dass ich gerne Musical machen möchte. Und sie hat geantwortet: „Ja, Kind, mach mal!“

Deine Musicalausbildung an der Bayerischen Theaterakademie August Everding war sicher intensiv. Welche Erinnerungen sind dir besonders geblieben?
Ich kann jetzt gar nicht einen besonderen Moment herauspicken. Das ist alles eine große Entwicklung gewesen. Allerdings komme ich aus einem kleinen bayerischen Dort und war dort die Einzige, die sich in eine künstlerische Richtung entwickelt hat. Das fanden alle ganz toll. Aber da ich eben die Einzige war, dachte ich natürlich auch, dass ich die Beste bin. In München habe ich letztlich erkennen müssen, dass es noch viele andere Menschen gibt, die wahnsinnig begabt sind. Da musste ich erst mal diesen völlig neuen Konkurrenzgedanken kennen lernen. Ich musste mich plötzlich behaupten, habe es aber positiv gesehen, weil wir alle zusammen etwas Schönes und Gutes kreieren wollten. Das war für meine Persönlichkeitsentwicklung ein wichtiger Weg in den vier Jahren des Studiums.

Du hast früh internationale Bühnenerfahrung in China und Japan gesammelt. Gab es kulturelle Unterschiede?
Ich habe in China und Japan mit einem deutschen Team gearbeitet, deshalb kann ich das gar nicht so beurteilen, was die Arbeit betrifft. Aber China war schon ein kleiner Kulturschock für mich. In Japan waren die Menschen sehr respektvoll und höflich, haben Abstand gehalten und waren sehr vorsichtig im Kennenlernen. In China war es das Gegenteil. Alle waren sofort sehr nah, wollten einen anfassen und Fotos machen. Das hat mich anfangs etwas überfordert. Es gab da auch riesige Plakate von unserer Band, wir wurden behandelt wie Superstars.

Veronika Hörmann (Foto: Dominik Lapp)

Du hast bislang sowohl klassische Musicals wie „Anything Goes“ als auch moderne Stücke wie „Fack ju Göhte“ gespielt. Was reizt dich an dieser Vielfalt?
Genau das: die Vielfalt. Ich finde das wahnsinnig schön. Es ist großartig, in verschiedene Charaktere zu schlüpfen, aber auch verschiedene Stile zu benutzen. Ich bin auch mit „Bibi & Tina“ auf Tour, was sehr poppig ist. Dafür musste ich ein bisschen arbeiten, weil ich tatsächlich noch nie so poppig gesungen habe. Es ist einfach anders, wie man die Wörter ausspricht, die Silben teilweise verschluckt. Da musste ich echt kämpfen und mir das mit unserem Musikalischen Leiter erarbeiten, weil ich wahnsinnig viel Wert auf den Text lege und möchte, dass Leute die Geschichte verstehen. Aber das ist bei Pop ein bisschen anders. Was ich liebe, ist, mit den Stilistiken zu spielen und sie zu vermischen. Bei „Sweeney Todd“ zum Beispiel gehe ich bei dem Song „Wait“ in die Kopfstimme, ins Klassische, weil Mrs. Lovett dabei viel lieblicher ist. Aber bei „Worst Pies in London“ kann ich richtig auf die Kacke hauen und schreien, mit der Bruststimme spielen und alles rausholen, was geht.

Wo du gerade von Mrs. Lovett sprichst: Mit dieser Rolle in „Sweeney Todd“ hast du eine der ikonischsten Musicalfiguren gespielt. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Gar nicht, wenn ich ehrlich bin. (lacht) Denn bei der ersten Inszenierung, die ich gemacht habe, bin ich eingesprungen. Die Kollegin, die eigentlich Mrs. Lovett gespielt hätte, wurde etwa zehn Tage vor der Premiere krank – zu Corona-Zeiten. Der Regisseur, mit dem ich schon „Into the Woods“ gemacht hatte, rief mich an einem Abend an und fragte, ob ich einspringen kann. Das war natürlich eine riesige Chance für mich, weil ich ja noch sehr jung war und die Rolle sonst viel älter besetzt wird. Also habe ich zugesagt und sofort angefangen zu lernen. Allerdings habe ich dann auch erst realisiert, dass es echt viel zu lernen ist. Aber ich wusste, dass ich das schaffe, weil ich generell sehr schnell lerne. Mittlerweile habe ich das Stück auf Deutsch und Englisch drauf und bin auch schon in Saarbrücken und Dortmund eingesprungen.

Solche Einspringer müssen unglaublich stressig und aufregend zugleich sein. Wie lernst du so schnell eine neue Inszenierung kennen wie kürzlich, als du in Dortmund eingesprungen bist?
Glücklicherweise konnte ich die Partie schon auf Deutsch, weil ich in Saarbrücken ebenfalls für zwei Vorstellungen eingesprungen bin. Das hatte ich mir damals bereits erarbeitet, also war das kein Problem. Und sonst arbeite ich mit Videos. Ich glaube, wenn man sich auf einen Einspringer einlässt, muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass alles perfekt sein muss und dass man unbedingt alles richtig machen will – das geht gar nicht. Ich schaue mir das Video an und schreibe wichtige Dinge auf, weil ich mir so Sachen gut merken kann. Ich notiere mir die Wege auf der Bühne und versuche mir grob einzuprägen, wo meine Kolleginnen und Kollegen stehen. Besonders wichtig sind technische Abläufe – zum Beispiel, wann ich eine Tür öffnen muss, damit der Spielfluss nicht unterbrochen wird. Alles andere ist eher eine Art Wolke im Kopf. Irgendwie weiß ich es dann einfach. Es fällt mir in dem Moment wieder ein – ich kann gar nicht genau erklären, warum. Ich glaube, ich habe einfach ein Talent dafür. Aber ich versuche auch nicht, eine Inszenierung eins zu eins nachzumachen. Vielmehr ist es mein Ziel, im Moment zu bleiben und auf meine Mitspielenden zu reagieren. Denn genau das macht das Theater aus: Jede Vorstellung ist ein bisschen anders. Ich möchte nicht einfach eine Szene abspielen, sondern sie immer wieder neu erleben. Deshalb empfinde ich den Unterschied zu einer regulären Vorstellung gar nicht als so groß – abgesehen davon, dass man wahnsinnig aufgeregt ist.

Hast du dabei hinter der Bühne Unterstützung? Also zum Beispiel durch die Abendspielleitung oder Kolleginnen und Kollegen, die dich von einer Szene zur nächsten führen?  
Ja, meistens ist die Abendspielleitung dabei und passt mich ab, wenn ich von der Bühne gehe. Sie sagt mir dann, ob ich mich umziehen oder von der anderen Seite auftreten muss, läuft mit und hilft mir dabei, dass alles reibungslos funktioniert. Bei „Sweeney Todd“ habe ich viel mit der Titelfigur gespielt, und mein Kollege hat mich ebenfalls großartig unterstützt. Ich war nie allein. Das Schöne an einem Einspringer ist: Man kann nichts falsch machen. Man gilt ohnehin schon als die Heldin des Abends, weil man die Vorstellung rettet. Alle sind froh, dass man da ist. Das fühlt sich fast an wie ein Freifahrtschein – selbst wenn etwas schiefgeht, sind alle dankbar und unterstützen einen. Außerdem hatte ich wunderbare Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne, die ebenfalls sehr erfahren sind. Sie haben nicht nur auf mich reagiert, sondern auch aktiv mitgeholfen. Es war ein großartiger Abend in Dortmund.

Veronika Hörmann (Foto: Dominik Lapp)

Gibt es eine Rolle, die dich geprägt hat oder dir besonders am Herzen liegt?
Ja, tatsächlich ist das Mrs. Lovett. Ich bin einfach ein kleines Sondheim-Mädchen.

Was fasziniert dich an Sondheim? Gibt es Stücke von ihm, die du unbedingt noch spielen möchtest?
Ich möchte unbedingt „Company“ spielen – am liebsten natürlich Bobbie. In London gab es die Variante, in der eine Frau diese Rolle übernimmt, und das würde mich sehr reizen. Mich fasziniert an Sondheim, dass seine Musik anspruchsvoll zu lernen und zu singen ist. Die Töne kommen nicht immer auf eine natürliche Weise, weil er oft sehr jazzy komponiert. Aber genau das liebe ich – wenn es Reibungen gibt, wenn man sich gegen den Akkord halten und wirklich mit der Musik arbeiten muss. Das macht mir unglaublich viel Spaß. Außerdem kommt bei Sondheim alles aus der Sprache heraus. Deshalb war es auch so besonders, „Sweeney Todd“ auf Englisch zu spielen. Ich liebe die deutsche Übersetzung, aber im Original merkt man noch einmal deutlicher, warum die Musik so komponiert wurde. Für mich ist das die höchste Kunst des Musicals: Eine Geschichte erzählen, mit der Sprache spielen, mit Vokalen und Konsonanten arbeiten – und das alles in einer Musik, die perfekt darauf abgestimmt ist.

Eine Rolle, die du auch gespielt hast, war Yitzhak in „Hedwig and the angry Inch“. Was bedeutet dir diese Show?
Diese Show bedeutet mir wirklich unfassbar viel. Vor allem habe ich dort Lukas Witzel kennen gelernt, der Hedwig gespielt hat. Er ist ein Mensch, den ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte. Es ist noch gar nicht so lange her, aber es fühlt sich an, als wäre er schon immer ein Teil meines Lebens gewesen. „Hedwig and the angry Inch“ war eine dieser besonderen Produktionen, bei denen alles gestimmt hat: Regie, Bühnenbild, Kostüme, Choreografie – es hat einfach gepasst. Wir waren eine enge, wunderbare Truppe. Auch die Band war fast immer bei den Proben dabei. Ich glaube, anfangs fanden sie das etwas befremdlich, weil es normalerweise so läuft, dass das Orchester oder die Band erst in den Endproben dazukommt. Normalerweise proben sie für sich, wir für uns, und am Ende wird alles zusammengeführt. Doch unser Regisseur wollte von Anfang an, dass wir alle gemeinsam proben, weil es in der Geschichte ja auch genau darum geht: Hedwig als Künstlerin mit ihrer Band auf Tour. Die Inszenierung spielt in einer Konzertatmosphäre, und dieses Gefühl, gemeinsam unterwegs zu sein, wollte er von Beginn an etablieren. Das hat unserer Produktion einen besonderen Zauber verliehen. Durch die enge Zusammenarbeit haben wir uns wie eine Familie gefühlt – als wären wir tatsächlich gemeinsam auf Tour.

Inwiefern beeinflussen Regisseurinnen und Regisseure deine Arbeit als Darstellerin?
Das ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Es gibt Regisseurinnen und Regisseure, die es sehr schätzen, dass man flexibel bleibt und immer wieder neue Impulse einbringt. Aber es gibt auch diejenigen, die es lieber haben, wenn eine Inszenierung Abend für Abend gleichbleibt, gerade bei langfristigen Produktionen. Das kann manchmal herausfordernd sein, aber ich sehe es nicht als Problem. Genau das macht Kunst doch aus: Jede und jeder hat eigene Vorlieben und Präferenzen. Mir ist bewusst, dass nicht allen Menschen gefällt, was ich mache – genauso wie mir nicht alles gefällt, was andere machen. Aber das ist ja gerade das Spannende! Wir können uns darüber austauschen, diskutieren, voneinander lernen und daran wachsen. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, wenn jemand sagt: „Du, das ist nicht meins, was du da machst.“ Das ist völlig okay. Ich bin mittlerweile an einem Punkt, an dem ich genug Selbstbewusstsein und Vertrauen in mich selbst habe, dass mich so etwas nicht mehr verunsichert. Aber ich weiß auch, dass das ein langer Prozess war. Es hat zehn Jahre gedauert, um an diesen Punkt zu kommen. Und jedes Mal, wenn mir das bewusst wird, freue ich mich über meine eigene Entwicklung.

Du machst viele Dinge parallel, zum Beispiel „Bibi & Tina“ auf Tour, „Sweeney Todd“ hier und da oder „Ball im Savoy“ in Osnabrück. Wie behältst du dabei eigentlich den Überblick? Hast du noch einen klassischen Kalender? Oder bist du eher ein digitaler Mensch?
Ich nutze tatsächlich beides. Ich habe einen Kalender, in den ich alles eintrage, weil ich ein Mensch bin, der Dinge aufschreiben muss, um sie sich besser zu merken. Aber mittlerweile habe ich auch alles auf dem Handy – erst seit etwa einem Jahr, weil es einfach praktisch ist und immer in der Tasche steckt.

Und wie organisierst du dich?
Ich schaue einfach in meinen Kalender, um zu sehen, wo ich am nächsten Tag sein muss. Wenn du mich fragst, wo ich nächste Woche bin – keine Ahnung! Ich kenne meistens nur die nächsten drei Tage im Voraus. Alles darüber hinaus wäre mir zu kompliziert. Ich plane lieber in kurzen Abständen, denn der Rest ist ja irgendwo notiert und abgespeichert.

Veronika Hörmann (Foto: Dominik Lapp)

Ein Musical, auf das ich gern noch zu sprechen kommen möchte, ist „Fack ju Göhte“, wo du Lisi Schnabelstedt gespielt hast. Das Stück basiert auf einem sehr bekannten und erfolgreichen Kinofilm. Wie bist du damals an diese Rolle herangegangen? Kanntest du den Film vorher schon, oder hast du ihn dir bewusst noch einmal angeschaut? Oder hast du versucht, dich davon komplett freizumachen?
Ich kannte den Film natürlich. Und ich hatte mir damals auch das Musical in München angesehen, als es herauskam. Ehrlich gesagt, hatte ich anfangs Vorurteile und konnte mir nicht vorstellen, wie sich „Fack ju Göhte“ als Musical umsetzen lässt. Aber schon nach dem ersten Song saß ich im Publikum und dachte: „Wow, was ist denn hier los?“ Ich war total begeistert, weil es so gut geschrieben ist. Was ich an diesem Stück besonders spannend finde, ist, wie perfekt die Musik und die Gesangsarten zu den jeweiligen Charakteren passen. Lisi zum Beispiel hat – abgesehen von der Szene, in der sie einen Giftpfeil abbekommt – keine extrem hohen Töne oder komplizierte Gesangslinien. Aber das ergibt Sinn, weil sie als Figur eher schüchtern ist, alles richtig machen will und ein bisschen ökomäßig drauf ist. Und dann wiederum haben die Schüler diese Rap-Parts – das passt einfach perfekt. Ich finde, die musikalische Umsetzung ist wahnsinnig gut gelungen.

Dann kam die Ausschreibung, und ich habe über die Jahre gelernt, wo meine Stärken liegen und in welchen Rollen mich andere sehen. Man selbst nimmt sich oft anders wahr, aber mit der Zeit entwickelt man da ein Gefühl. Ich würde behaupten, dass ich ein gewisses komödiantisches Talent habe und ein gutes Timing besitze. Dazu kommen die roten Haare – optisch dachte ich mir also, dass das passen könnte. Also habe ich mich beworben.

Den Film habe ich mir vor dem Casting aber bewusst nicht noch einmal angesehen. Das mache ich immer so. Bei Musicals, die auf Filmen oder anderen Vorlagen basieren, versuche ich, diese komplett zu meiden, um nicht unbewusst etwas nachzuspielen. Ich möchte meinen eigenen Zugang zur Figur finden. Natürlich wusste ich durch meine frühere Sichtung des Films, in welche Richtung es ungefähr gehen würde, aber ich wollte nicht einfach eine Kopie der Filmversion machen. Erst nach der Dernière schaue ich mir dann gerne andere Interpretationen oder Inszenierungen an. Während der Vorbereitung halte ich mich davon bewusst fern – genauso wie von CD-Aufnahmen. Ich denke mir immer: „Ich bin ich, und die anderen sind die anderen – und das ist auch gut so.“

In Osnabrück warst du gerade erst in der Operette „Ball im Savoy“ zu sehen. Das ist, um genau zu sein, eine Jazz-Operette. Inwiefern ist das für dich anders als Musical? Oder fühlt es sich durch den Jazz-Anteil ohnehin schon etwas musicalmäßiger an? Könntest du dir vorstellen, in Zukunft noch mehr klassische Operetten zu spielen?
Meine Rolle ist in dieser Inszenierung sehr musicalhaft angelegt – im Gegensatz zu den anderen Sängerinnen, die eher klassisch unterwegs sind. Ich mag das, gerade weil es eine Jazz-Operette ist und man dadurch freier interpretieren kann. Und ob ich mir vorstellen kann, in Zukunft mehr Operetten zu machen? Klar, das klassische Singen liegt mir, denke ich, auch ganz gut. Aber ich würde das immer von Fall zu Fall entscheiden. Denn es geht ja nicht nur ums Stück selbst, sondern auch darum, mit wem man arbeitet. Das Team ist ein wichtiger Faktor, und neue Leute kennen zu lernen ist immer spannend. Ich bin offen für alles und liebe nach wie vor die Vielfalt. Aber ich könnte mir nicht vorstellen, nur noch Operette zu machen oder komplett ins Klassische zu wechseln – das wäre nichts für mich. Dafür schlägt mein Herz zu sehr fürs Musical.

Gibt es denn noch irgendwelche Traumprojekte, die du unbedingt verwirklichen möchtest, oder möchtest du darüber lieber nicht sprechen?  
Doch, natürlich – raus in die Welt mit meinen Wünschen! Es gibt definitiv noch einige Stücke, die ich gerne spielen würde. Mein großes Ziel ist es, irgendwann alle Sondheim-Stücke gespielt zu haben. Wenn ich alle Sondheim-Stücke gespielt habe, kann ich in Rente gehen. (lacht)

Okay, das ist ein ambitioniertes Ziel.
Ja! Und ansonsten: „The last five Years“ steht ganz oben auf meiner Wunschliste. Dann natürlich „Rent“ – das wäre ein Traum. Und „Next to Normal“ wäre auch toll. Es werden sicher noch viele Stücke kommen, die mich so überraschen werden wie „Hedwig and the angry Inch“. Damit hätte ich auch nie gerechnet, aber es war eine meiner schönsten Erfahrungen. Ich liebe es, mich von neuen Projekten überraschen zu lassen, und bin einfach gespannt, welche Stücke noch auf mich warten!

Interview: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".