Interview mit Werner Bauer: „Sister Act ist ein Stimmungsmacher“
Viele Jahre stand Werner Bauer auf der Musicalbühne, spielte in bekannten Produktionen wie „Tanz der Vampire“, Disneys „Die Schöne und das Biest“ oder „Der Schuh des Manitu“. Vor zehn Jahren hat er allerdings die Seiten gewechselt und ist seitdem primär als Regisseur und ebenso als Autor aktiv. Für die Freilichtspiele Tecklenburg inszeniert Bauer in diesem Sommer das Musical „Sister Act“. Im Interview spricht der Kreative über die Corona-Verschiebung, Neubesetzung, Herausforderungen und Inspiration.
Bereits vor zwei Jahren sollte „Sister Act“ bei den Freilichtspielen Tecklenburg Premiere feiern – doch dann kam Corona. Jetzt ist es endlich möglich. Wie fühlt sich das an?
Alle stecken in den Startlöchern und brennen darauf, endlich starten zu können. Wir sollten vor zwei Jahren die Ersten sein, die eine freie Fassung von „Sister Act“ spielen dürfen. Das heißt, wir sind nicht gebunden an Vorgaben vom Lizenzgeber Stage Entertainment. Inzwischen sind wir zwar nicht mehr das erste Theater, das eine freie Inszenierung zeigen darf, weil uns andere Bühnen im vergangenen Jahr zuvorgekommen sind, aber wir alle sind heiß darauf, unsere Produktion jetzt endlich in Tecklenburg auf die Bühne zu bringen.
Ist man darüber traurig, nicht mehr die erste freie Inszenierung zeigen zu können?
Nein. Klar wäre es schön gewesen, wenn wir die Ersten gewesen wären. Dann hätten alle geschaut, wie das aussieht – noch dazu als Open Air. Aber traurig sind wir nicht. Wichtig ist, dass wir es endlich machen dürfen. Tecklenburg ist ja auch besonders mit der riesigen Bühne. Es wird deshalb trotzdem so etwas wie eine erste Inszenierung, weil es andere Umstände hat.
Stehen eigentlich noch alle ursprünglich vorgesehenen Darstellerinnen und Darsteller zur Verfügung oder musste neu besetzt werden?
Wir haben fast alle Rollen neu besetzen müssen. Durch die vielen coronabedingten Veranstaltungsverschiebungen kollidieren jetzt viele Theaterproduktionen miteinander, weshalb etliche Schauspieler nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sie in anderen Stücken mitspielen. Das hat uns ziemliche Kopfschmerzen bereitet, da es nicht leicht war, die Leute zu bekommen, die wir haben wollten.
Also gibt es aktuell gewissermaßen einen Stau an nachzuholenden Produktionen, weshalb man schwieriger auf Künstlerinnen und Künstler zurückgreifen kann?
Ja, das ist richtig. Es ist viel schwieriger geworden. In der Regel haben Musicals einen Vorlauf von zwei Jahren. Wenn nun jemand letztes Jahr in einer Produktion spielen sollte, die auf dieses Jahr verschoben wurde, die Person aber für dieses Jahr schon ein anderweitiges Engagement hat, kollidiert das. Das stellt Regisseure und Produzenten gerade vor eine riesige Herausforderung. Für die Darsteller ist das natürlich auch finanziell bitter. Sie hätten eigentlich im letzten Jahr eine Produktion gemacht und in diesem Jahr. Weil nun aber beide in diesem Jahr stattfinden, müssen sie sich für einen Job entscheiden.
Das Musical „Sister Act“ basiert auf dem gleichnamigen Film mit Whoopi Goldberg. Letztere wird logischerweise nicht in Tecklenburg zu sehen sein. Wen sehen wir dort?
Wir haben Peti van der Velde für die Hauptrolle verpflichtet. Sie hat die Rolle bereits in der Originalproduktion in Hamburg gespielt und bringt einen großen Erfahrungsschatz mit. Das Besondere an der Rolle ist, dass die Darstellerin weder zu jung noch zu alt sein darf. Gleichzeitig muss sie eine unglaubliche Energie haben. Es ist nicht einfach, so jemanden zu finden – aber es ist uns gelungen.
Der Film lebt von den bekannten Songs, die im Musical aber keine Verwendung finden. Welche Musik ist stattdessen zu hören?
Die Musik für das Musical hat der fantastische Oscar-Preisträger Alan Menken geschrieben. Wenn man die Soundtracks von Filmen wie „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“ oder „Der Glöckner von Notre Dame“ kennt, weiß man, wer Alan Menken ist. Für „Sister Act“ hat er Soul- und Bluesmusik im Stil der 1970er Jahre geschrieben, die wirklich klingt wie aus dieser Zeit. Die Songs machen richtig gute Laune. Das wird dazu führen, dass die Leute im Musical nichts vermissen.
Lastet auf Ihnen als Regisseur ein gewisser Druck, wenn Sie ein Stück inszenieren, das einen weltbekannten Film zur Vorlage hat?
Es ist schon ein gewisser Druck da. Ich denke durchaus mal darüber nach, welche Erwartungen die Leute wohl haben, wenn sie sich das Stück ansehen. Denn sie gehen natürlich rein, weil sie den Film kennen. Andererseits muss ich mich davon frei machen und darf mich nicht unter Druck setzen lassen, weil das Theatererlebnis immer ein anderes ist als das Kinoerlebnis.
Wie sind Sie bei der Erarbeitung des Regiekonzepts vorgegangen? Haben Sie sich vom Film oder der Originalinszenierung inspirieren lassen?
Ich habe mir den Film vor drei oder vier Jahren zuletzt angesehen, als man mich als Regisseur für das Stück angefragt hat. Aber seitdem habe ich ihn nicht mehr angeschaut. Es besteht immer die Gefahr, auch wenn ich mir etwas auf der Bühne anschaue, dass mir etwas gut gefällt und ich mich dann ärgere, dass ich es so jetzt nicht mehr machen kann, weil es schon ein anderer gemacht hat. Allerdings ist es natürlich so, dass es ein Textbuch gibt, das schon viel vorgibt. Also werden sich Szenen natürlich ähneln. Wenn im Buch steht, dass die Nonnen im Chorsaal singen oder am Tisch sitzen, dann singen sie in der Szene eben im Chorsaal oder sitzen am Tisch. Aber vor allem der Freilichtfaktor wird alles verändern. Ein Stück wirkt draußen ganz anders als drinnen.
Was ist die größte Herausforderung für einen Regisseur, der in Tecklenburg arbeitet?
Das ist definitiv der Freilichtfaktor. Man muss berücksichtigen, dass wir bis zur Pause nicht wirklich mit Licht arbeiten können, weil es draußen noch zu hell ist. Bei einem Stück wie „Sister Act“, das viel im Kloster oder in einer Bar spielt, ist das sicher die größte Herausforderung. So gehe ich als erstes ran und überlege zusammen mit den Abteilungen für Bühnenbild und Kostüm, wie es aussehen kann. Anschließend beginne ich, mir szenisch alles zu überlegen. Dabei stellt die unglaublich breite Bühne eine weitere Herausforderung dar. Ich muss also beachten, dass essenzielle Szenen nicht zu weit links oder rechts spielen.
Kommt Ihnen bei Ihrer Tätigkeit als Regisseur der frühere Job als Musicaldarsteller zugute?
Ich glaube schon. Ich kenne die Nöte der Schauspieler und weiß, womit diese in einer Inszenierung zu kämpfen haben. Ich weiß auch, dass man während der Probenzeit durchaus Kämpfe bestehen muss, weil sich der Regisseur etwas vielleicht anders vorgestellt hat als man selbst. Ich glaube, dass ich da ganz gut helfen kann, weil ich bis vor zehn Jahren noch selbst auf der Bühne stand. Ich will damit aber nicht sagen, dass der Job des Regisseurs einfacher ist. Denn ich habe eine unglaublich große Verantwortung, weil ich alle Abteilungen einbinden und alles zusammenführen muss, damit das Konzept, das ich mir überlegt habe, funktioniert.
Worauf darf man sich bei „Sister Act“ in Tecklenburg freuen?
„Sister Act“ ist ein Stimmungsmacher! Es ist ein Gute-Laune-Stück, das alle sofort mitreißt. Das Publikum wird viel lachen und die schrägen Charaktere schnell ins Herz schließen. „Sister Act“ macht großen Spaß und ist genau das, was wir in der aktuellen Zeit brauchen.
Interview: Dominik Lapp