Weitere Musical-Pleite in Duisburg: Es war absehbar
Schon wieder! Nachdem 2019 bereits die Uraufführung des Musicals „Wallace“ im Duisburger Theater am Marientor abgeblasen wurde und die Mitwirkenden keine Gagen erhielten, hat es der Produzent Wolfgang DeMarco erneut geschafft, ein Musical gegen die Wand zu fahren – mit Vollgas.
Dieses Mal handelt es sich um ein Stück mit der Musik von Schlagerlegende Ralph Siegel: „‘N bisschen Frieden“ feierte zwar am 20. Oktober 2022 noch Premiere, doch alle weiteren Termine im Oktober und November wurden wegen zu wenig verkaufter Tickets abgesagt. Stattdessen wollte man im Dezember weiterspielen. Nun die traurige Gewissheit: Daraus wird nichts. Laut übereinstimmender Medienberichte hat die Produktion Insolvenz angemeldet, Hauptdarstellerin Jennifer Siemann äußerte auf Instagram, dass sie weder Gage bekommen habe noch bei der Krankenkasse angemeldet worden sei.
Das ist ganz bitter. Doch leider: Es war absehbar. Seit vielen Jahren versucht sich Wolfgang DeMarco – eher schlecht als recht – als Musicalproduzent zu etablieren. Spätestens nach dem „Wallace“-Desaster hätte ein Aufschrei durch die Musicalbranche gehen müssen. Wer auf der Buchungsplattform regelmäßig den Saalplan für „‘N bisschen Frieden“ beobachtet hat, wird erkannt haben, dass sich da in Sachen Ticketverkauf monatelang nicht viel bewegte. Auch Werbung und Pressearbeit sind aus subjektiver Sicht viel zu wenig betrieben worden.
Der Produzent schiebt den schlechten Vorverkauf auf Corona, die steigenden Energiepreise und die aktuelle Situation mit Krieg und Inflation, in der beim Publikum das Geld nicht mehr so locker sitzt. Das ist zweifelsohne richtig, auch andere Theater haben damit zu kämpfen. Doch 2019 bei „Wallace“ trafen all diese Punkte nicht zu – trotzdem wurde die Produktion abgesagt und die Mitwirkenden sahen keinen Cent. Etliche Menschen, die damals Tickets für die Produktion gekauft hatten, warten bis heute auf eine Erstattung. Der Flop der Vergangenheit hätte eine Warnung und Mahnung sein müssen. Dieser Produzent kann es einfach nicht.
Keine Frage, es ist schlimm, dass die Mitwirkenden (wieder mal) leer ausgehen. Aber auch das Publikum wird (wieder mal) für bereits gekaufte Tickets kein Geld mehr sehen. Sobald Insolvenz angemeldet wurde, fließen alle Ansprüche in die Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter prüft dann, wem noch Geld zusteht, und verteilt, was übrig bleibt. Medienberichten ist zu entnehmen, dass Wolfgang DeMarco die Insolvenz bedauert. Das ändert nur leider nichts an der Tatsache, dass er in Duisburg wieder mal verbrannte Erde hinterlässt.
In einer ohnehin schon schweren Zeit, in der die Kulturbranche um ihr Publikum kämpft, wird es gerade für unbekanntere Veranstalterinnen und Veranstalter sicher immer schwerer, das Vertrauen von Künstlerinnen und Künstlern sowie von Zuschauerinnen und Zuschauern zu erlangen. Wann wird Dilettanten, die durch ihre Unfähigkeit einer ganzen Branche schaden, endlich das Handwerk gelegt?
Schon Henry Ford soll einmal gesagt haben: „Wenn ich einen Dollar in mein Unternehmen stecke, brauche ich einen weiteren Dollar, um das bekannt zu machen.“ Das trifft den Nagel auf den Kopf, denn gerade im Kulturbereich wird das immer wieder missachtet. Es reicht eben nicht, Shows auf die Bühne zu bringen. Man muss es auch bekannt machen. Nach Fords Rechnung also: Wenn ich eine Million Euro in eine Musicalproduktion stecke, brauche ich eine weitere Million fürs Marketing. Oder ich lasse als Produzent in Krisenzeiten einfach mal ganz die Hände von einer unbekannten Produktion. Die Zeit der reinen Mund-zu-Mund-Propaganda, wenn der Zirkus in der Stadt gastiert, ist jedenfalls lange vorbei!
Und jetzt? Der millionenschwere Komponist Ralph Siegel ist zwar nicht der Produzent von „‘N bisschen Frieden“, hat möglicherweise aber viel zu blauäugig einem Produzenten vertraut, der schon einmal eine große Musicalproduktion an die Wand gefahren hat. Siegel würde sich als Ehrenmann erweisen, wenn er die ausgefallenen Gagen – oder zumindest einen Teil davon – übernimmt. Schließlich haben die von ihm ausgewählten Künstlerinnen und Künstler seinem Werk zu einem (wenn auch nur kurzen) Leben verholfen und wochenlang völlig umsonst dafür geprobt, um jetzt erfahren zu müssen, dass sie nicht mal krankenversichert waren.
Text: Dominik Lapp