„Artus - Der junge König“ in Hildesheim (Foto: Tim Müller)
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Fantasy-Atmosphäre: „Artus – Der junge König“ in Hildesheim

Das Theater für Niedersachsen in Hildesheim (TfN) hat die deutschsprachige Erstaufführung von „Artus – Der junge König“ spannend und atmosphärisch sowie familientauglich auf die Bühne gebracht. Das Musical mit der Musik von Peter Allwood sowie Buch und Songtexten von Allwood, Joanna Horton, Jeremy James Taylor und Frank Whately wurde 1994 unter dem Titel „Pendragon“ beim Edinburgh Fringe Festival zum Publikumsliebling und hat sich seither auf britischen Bühnen etabliert. In Hildesheim entfaltet sich die mythische Erzählung (Übersetzung: Jana Mischke) rund um König Artus in einer klug konzipierten Inszenierung von Oliver Pauli.

Die Handlung des Musicals folgt Artus von seiner Geburt bis zur Krönung und erzählt von den Herausforderungen, denen er sich auf seinem Weg stellen muss. Die Sage um das mystische Schwert Excalibur spielt dabei eine zentrale Rolle, ebenso wie Artus‘ Beziehung zu Guinevere, die er nicht nur durch äußere Gefahren, sondern auch durch seine eigenen Unsicherheiten beinahe verliert.

Das Buch bleibt insgesamt etwas schwach, mit einer manchmal wirren und plumpen Szenenabfolge. Dies scheint vor allem darauf zurückzuführen zu sein, dass die Geschichte auf Kindertauglichkeit ausgelegt ist, was zulasten einer ausgefeilten Erzählweise geht. Doch Oliver Pauli holt das Optimum aus der Vorlage heraus. Zudem setzt der Regisseur auf eine besondere Darstellungsweise: Die Geschichte wird als Theater-im-Theater auf einer Wanderbühne erzählt. Der Jugendchor fungiert dabei authentisch als Teil des Publikums innerhalb des Stücks.

Besonders eindrucksvoll gelingt die Kriegsszene als Schattenspiel – eine simple, aber wirkungsvolle Umsetzung, die das Geschehen spannend und greifbar macht. Sehr gelungen sind auch die Szenen der Herrin des Sees: Ein riesiges Tuch stellt dabei die Wasseroberfläche dar, was sich als so einfach wie genial erweist. Die Verwandlung von Morgana in eine Drachenfrau wird durch den kreativen Einsatz eines Teils der Wanderbühne als Drachenflügel visuell unterstützt.

Bühnenbild und Kostüme stammen von Bernhard Bruchhardt, der sich stilistisch stark an Mittelalter-Fantasy-Ästhetik orientiert. Die dunklen, schweren Stoffe, der Einsatz von viel Holz und eine atmosphärische Licht- und Nebelgestaltung erinnern an moderne Fantasy-Serien wie „Game of Thrones“ und tauchen das Bühnengeschehen in eine düstere Stimmung. Besonders herausragend sind die Kostüme von Artus (natürlich mit Schwert Excalibur) und Merlin (mit magischem Stab).

In der Titelrolle brilliert Jack Lukas als Artus. Er meistert die Entwicklung seiner Figur vom unsicheren Jungen zum entschlossenen Herrscher sowohl stimmlich als auch schauspielerisch eindrucksvoll. Samuel Jonathan Bertz gibt überzeugend einen jungen, aber sehr charismatischen und weisen Merlin. Katharina Wollmann gibt als Morgana die Gegenspielerin mit beeindruckender Intensität. Ihre Verwandlung zur rachsüchtigen Drachenfrau ist ein szenischer Höhepunkt.

„Artus - Der junge König“ in Hildesheim (Foto: Dominik Lapp)

Lucia Bernadas Cavallini verleiht ihrer Guinevere mit sicher geführter Stimme viele Emotionen, während Karsten Oliver Wöllm in der Doppelrolle als König Uther und König Pellinor zwei unterschiedliche Herrscherpersönlichkeiten gelungen herausarbeitet. Auch die weiteren Ensemblemitglieder – Elisabeth Köstner als geheimnisvolle Herrin des Sees, Daniel Wernecke als Kay, Jürgen Brehm als Weißer Hirsch, Silke Dubilier als Hohepriesterin und Ömer Örgey als Leodegranz – zeigen durchweg starke Leistungen.

Die im Stil wechselnde Musik von Peter Allwood wird von einer Band unter der Leitung von Andreas Unsicker sicher gespielt. Leider ist die Bandbesetzung aber kleiner als ursprünglich vom Komponisten vorgesehen, was mittlerweile ein gängiges Problem im Musicalbereich ist. Die Melodien sind ansprechend, tragen die Szenen sehr gut und sorgen für stimmige Momente, bleiben jedoch nicht nachhaltig im Ohr.

Mit „Artus – Der junge König“ gelingt dem TfN eine spannende und familienfreundliche Produktion. Oliver Pauli setzt auf eine klare Erzählweise, die auch für jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer gut verständlich bleibt, ohne dabei an Tiefgang zu verlieren. Hier verbindet sich klassische Theaterkunst mit fantasievollen Einfällen, so dass mit cleveren Bühnenlösungen gelungene Akzente gesetzt werden.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".