„Blutsbrüder“ in Datteln (Foto: KATiELLi Theater)
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Packendes Drama: „Blutsbrüder“ in Datteln

Es gibt Geschichten, die berühren nicht nur das Herz, sondern lassen uns über unser eigenes Leben nachdenken. „Blutsbrüder“, das von Willy Russell geschriebene Musical, das am KATiELLi Theater in Datteln unter der Regie von Bernd Julius Arends und Katharina Koch zu sehen ist, gehört definitiv dazu. Mitreißende Musik, eine packende Handlung und starke Mitwirkenden bieten dem Publikum einen unvergesslichen Abend.

Das Stück erzählt die tragische Geschichte der Zwillinge Mickey und Eddie, die bei der Geburt getrennt und in völlig unterschiedlichen sozialen Verhältnissen aufwachsen. Während Mickey (Alexander Mikliss) in ärmlichen Verhältnissen aufwächst, genießt Eddie (Bastian Kohn) das privilegierte Leben eines wohlhabenden Jungen. Doch das Schicksal führt sie immer wieder zusammen, bis ihre gemeinsame Herkunft schließlich zu einem tragischen Ende führt.

Schon vom ersten Moment an baut die Inszenierung eine eindringliche Atmosphäre auf, die das Publikum in den Bann zieht. Die Bühne, gestaltet von Philipp Niggemeier und Bernd Julius Arends, wechselt stimmungsvoll zwischen der tristen Arbeiterklasse und der kühlen Eleganz der Oberschicht, unterstützt von dem ausdrucksstarken Lichtdesign von Patrick Kievernagel. Diese visuelle Trennung verstärkt die zentrale Thematik des Stücks – die schmerzliche Spaltung durch gesellschaftliche Schranken.

Besonders herausragend in dieser Produktion ist die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller. Alexander Mikliss verkörpert Mickey mit einer Mischung aus kindlicher Unschuld, jugendlichem Aufbegehren und schließlich tiefer Verzweiflung. Seine Darstellung ist glaubhaft und erschütternd. Bastian Kohn als Eddie bringt das genaue Gegenteil auf die Bühne: charmant, gutmütig und immer ein wenig weltfremd, überzeugt er in der Rolle des sorglosen Jungen aus gutem Hause. Gemeinsam schaffen es die beiden, die Verbindung der Zwillinge darzustellen, ohne dabei auf Klischees zurückzugreifen.

Stefanie Kirsten als Mrs. Johnstone, die leidgeprüfte Mutter der Zwillinge, ist das emotionale Zentrum der Aufführung. Auch ihre gesangliche Darbietung geht unter die Haut. Mit ihrer kraftvollen Stimme verleiht sie ihrer Figur eine tragische Würde. Miriam Lotz in der Rolle der Mrs. Lyons, der wohlhabenden Adoptivmutter von Eddie, schafft es hingegen, die kalte Fassade der Oberschicht zu verkörpern, während ihre inneren Kämpfe schmerzhaft durchscheinen.

Auch die Nebenrollen beeindrucken: Jenny Meyer als Linda, das Mädchen, das zwischen den beiden Brüdern steht, überzeugt mit ihrer Präsenz und jugendlichen Energie. Bernd Julius Arends, der neben der Regie auch den Sammy und Mr. Lyons spielt, beweist sein beeindruckendes Multitalent. Clarissa Frings in diversen Rollen komplettiert das Ensemble und fügt weitere Facetten hinzu.

Adrian Kroneberger als Erzähler führt mit düsterer Präsenz durch das Geschehen. Seine Kommentare erinnern das Publikum stets daran, dass das Schicksal der Brüder unausweichlich ist. Kroneberger füllt diese Rolle mit der nötigen Gravitas, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.

Die Inszenierung von „Blutsbrüder“ im KATiELLi Theater ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die das Publikum mitreißt und gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Die Darstellerinnen und Darsteller geben alles, die Regie zeigt ein gutes Gespür für die Balance zwischen Drama und Unterhaltung, und die Bühnen- und Kostümgestaltung unterstützt perfekt die düstere Atmosphäre des Stücks. Das Publikum wird nicht nur Zeuge einer bewegenden Geschichte, sondern auch einer Reflexion über die Bedeutung von Herkunft, Glück und Schicksal.

Text: Christoph Doerner

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Nach seinem Studium der Musiktheaterwissenschaft, einem Volontariat sowie mehreren journalistischen Stationen im In- und Ausland, ist Christoph Doerner seit einigen Jahren als freier Journalist, Texter und Berater tätig.