Genuss für die Sinne: „Das schlaue Füchslein“ in Berlin
Seit der Premiere im Jahr 2000 zählt Katharina Thalbachs Inszenierung von Leoš Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ an der Deutschen Oper Berlin zu den leuchtenden Sternen des Opernrepertoires. Mit inzwischen 68 Vorstellungen ist diese Produktion ein Klassiker, der das Publikum nach wie vor anzieht – vergleichbar mit August Everdings „Zauberflöte“ an der Staatsoper Unter den Linden.
Ezio Toffolutti schafft mit seinem Bühnenbild und den Kostümen ein schillerndes Naturpanorama, das gleichermaßen märchenhaft und detailverliebt ist. Die Bühne wird zur blühenden Wiese und zum geheimnisvollen Wald, wo sich Tiere und Pflanzen zu einem lebendigen Kosmos verweben. Schnecken, Raupen, Libellen, Füchse, Dachse, Heuschrecken und Hühner erwachen zum Leben – jede Tierrolle besticht durch eine eigene Persönlichkeit und kunstvolle Kostüme.
Die detailreichen Masken fangen die Eigenarten der Tiere ein, während übergroße Pilze, Blumen und Bäume die Szenerie mit Farben und Formen bereichern. Besonders eindringlich ist der überdimensionale Gewehrlauf, der sich von der Seitenbühne ins Geschehen schiebt. Er symbolisiert die Bedrohung durch den Menschen und verleiht der Oper eine düstere, gesellschaftskritische Note – ein effektvoller Kontrast zur sonst farbenfrohen Inszenierung.
Unter der Leitung von Marko Letonja bringt das Orchester der Deutschen Oper Janáčeks impressionistische Partitur mit Präzision und Lebendigkeit zum Klingen. Die Musik zeichnet sich durch tänzerische Leichtigkeit und tiefe Melancholie aus, und Letonja gelingt es, diese emotionalen Nuancen perfekt herauszuarbeiten. Der Chor unter Thomas Richter und der Kinderchor von Christian Lindhorst bereichern das Klangbild mit glasklarer Intonation. Die deutsche Textfassung von Peter Brenner, basierend auf der Übersetzung von Max Brod, macht die poetische Schönheit der Vorlage für das Publikum unmittelbar zugänglich.
Die Besetzung überzeugt auf ganzer Linie. Meechot Marrero verleiht dem Füchslein Schlaukopf mit ihrer hellen, beweglichen Stimme eine charmante und kämpferische Präsenz. Derek Welton gibt der Rolle des Försters mit kraftvoller Stimme Gewicht. Neben ihm glänzt Annika Schlicht als Försterin und Specht mit ihrem flexiblen Mezzosopran. Auch die weiteren Rollen, etwa Clemens Bieber als Schulmeister und Dackel oder Andrew Harris als Pfarrer und Dachs, sind exquisit besetzt.
„Das schlaue Füchslein“ bezaubert in der Inszenierung von Katharina Thalbach mit einer Mischung aus Poesie, Humor und Tiefe. Mit seiner zeitlosen Thematik – dem Kreislauf von Leben und Tod, der Schönheit der Natur und den Abgründen menschlichen Handelns – berührt diese Oper das Publikum. Ein wahrer Genuss für die Sinne.
Text: Dominik Lapp