„Der Barbier von Sevilla“ in Braunschweig (Foto: Dominik Lapp)
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Spritziges Spektakel: „Der Barbier von Sevilla“ in Braunschweig

Gioacchino Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“ zeichnet sich durch eine Komik aus, die schon an Slapstick erinnert. Zusätzlich erfordert die musikalische Dimension des Werks ein regelrechtes Singen unter Hochgeschwindigkeit. Am Staatstheater Braunschweig hat Felix Seiler dieses Werk jetzt so kurzweilig und fantasievoll auf die Bühne gebracht, dass die etwas mehr als drei Stunden wie im Flug vergehen und einen riesigen Spaß bereiten.

Rossinis Werk genießt größte Popularität und ist als Standardwerk des internationalen Opernrepertoires eine der meistaufgeführten Opern der Welt. Seiler schafft es, aus diesem oft gespielten Stück mit jugendlicher Frische und überraschenden Einfällen ein spritziges Spektakel in Perfektion zu machen. Seine Regieführung erweist sich als wahrer Glücksgriff für die Inszenierung.

Im Zentrum der Bühne steht Bartolos Haus, dominiert von einem riesigen Rad, aus dem Geldscheine herausfallen. Diese visuelle Metapher setzt Felix Seiler geschickt ein, um die Rolle des Geldes in der Handlung hervorzuheben. Die Entscheidung, Rosina als starke und selbstbewusste Frau zu präsentieren, zeugt von einer modernen Lesart des Stücks. Der Regisseur entlarvt die vermeintlich schwache Frau und gibt der Handlung so eine zeitgemäße Note.

Die Bühnengestaltung von Hartmut Schörghofer, in Verbindung mit den genauso bunt-fantasievollen wie auch aufwändigen Kostümen von Linda Schnabel und Katharina Leu, schafft eine visuelle Ästhetik, die die Absurdität und den Humor der Handlung unterstreicht. Die teilweise herrlich absurden Frisuren der Charaktere tragen zusätzlich zum skurrilen Charme der Inszenierung bei. Das Lichtdesign von John Förntratt schafft zudem eine atmosphärische Dichte, die die Handlung sehr gut unterstützt.

„Der Barbier von Sevilla“ in Braunschweig (Foto: Dominik Lapp)

Das Gesangsensemble aus herausragenden Sängerinnen und Sängern verleiht den Figuren Leben und Seele. Allen voran begeistert Luvuyo Mbundu als Barbier Figaro. Mbundu ist Ensemblemitglied der Staatsoper Hannover, wo er in der vergangenen Spielzeit in der Titelrolle in Monteverdis „L’Orfeo“ brillierte, und springt nach nur einer Probe kurzerhand in Braunschweig ein, nachdem dort die beiden für die Rolle des Figaros doppelbesetzten Kollegen erkrankt sind. Der Gast meistert seine Auftrittsarie bravourös, glänzt in den Koloraturen und spielt seine Rolle geradezu mitreißend.

Ekaterina Kudryavtseva gibt überzeugend eine selbstbewusste und ausgebuffte Rosina, die sie mit glockenklarem und alles überstrahlenden Sopran singt. Mit einer brillanten Gesangsdarbietung bezaubert zudem Leonardo Ferrando als Almaviva, während Michael Mrosek als Bartolo ein virtuoses Minenspiel zum wohlfokussierten Baritonklang liefert, Rainer Mesecke seinem Basilio einen profunden Bass verleiht und Veronika Schäfer als Berta in ihrer kleinen Arie mit klarem Sopran fesselt.

Unter der kundigen Leitung von Alexander Sinan Binder entfaltet sich Rossinis geniale Komposition zu einem mitreißenden Klangteppich. Das Staatsorchester Braunschweig brilliert dabei mit flotten Tempi und sprühender Energie, was der Aufführung eine lebendige Dynamik verleiht.

Insgesamt präsentiert das Braunschweiger Staatstheater mit „Der Barbier von Sevilla“ eine Operninszenierung, die durch die geniale musikalische Umsetzung, die innovative Regieführung sowie das herausragende Ensemble zu einem modernen Meisterwerk avanciert und so einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Ein absolutes Must-see für alle, die sich von der Magie der Musik und einer zeitgemäßen Interpretation verzaubern lassen wollen.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".