Über weite Strecken zäh: „Der große Gatsby“ in Osnabrück
Das Schauspiel „Der große Gatsby“ am Theater Osnabrück, in der Fassung und unter der Regie von Julia Prechsl, verspricht auf dem Papier eine aufregende Adaption des Klassikers von F. Scott Fitzgerald. Doch leider wird dieses Versprechen nicht eingelöst. Trotz einer soliden schauspielerischen Leistung des Ensembles gelingt es der Inszenierung nicht, die Magie und den Glanz der so genannten Roaring Twenties auf die Bühne zu bringen.
Ein wesentlicher Schwachpunkt des Abends ist das Buch von Prechsl. Der fast 100 Minuten lange erste Akt zieht sich endlos in die Länge, ohne die Handlung wirklich voranzubringen. Die wenigen relevanten Ereignisse werden erst in den letzten 20 Minuten vor der Pause erzählt, was das Publikum in eine Geduldsprobe zwingt. Es fehlt an Spannung und Dynamik, die sonst die Vorlage auszeichnet. Die Charaktere bleiben blass und entwickeln sich kaum weiter, was besonders im ersten Akt auffällt.
Auch das Bühnenbild von Anna Brandstätter und die Kostüme von Olivia Rosendorfer tragen wenig dazu bei, die Atmosphäre der Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts lebendig werden zu lassen. Die Bühne wirkt mit ihrer kargen schwarzen Fläche und einer halbschrägen Konstruktion eher trist. Die billig wirkenden silbernen Lametta-Vorhänge, Bühnennebel und eine riesige Schaumparty verfehlen das Ziel, den Glamour und den Überfluss der Zeit zu illustrieren.
Die schauspielerischen Leistungen können sich jedoch sehen lassen, auch wenn sie die Schwächen des Buches und der Inszenierung nicht gänzlich ausgleichen können. Michi Wischniowski in der Rolle des Jay Gatsby schafft es, die Tragik des Charakters darzustellen, wenngleich ihm Charme und Ausstrahlung eines Leonardo DiCaprio aus der Filmversion von Baz Luhrmann fehlen.
Rebekka Biener als Daisy Buchanan und Hans-Christian Hegewald als Nick Carraway sowie Amaru Albancando als Tom Buchanan liefern ebenfalls solide Leistungen ab. Hegewalds Darstellung des betrunkenen Carraway, der minutenlang am Bühnenrand sitzt und Fast Food konsumiert, ist dabei eine echte Herausforderung, die beim Publikum augenscheinlich gut ankommt, obwohl diese viel zu lange Szene die Handlung überhaupt nicht weiterbringt.
Ein kleines Highlight des Abends ist zweifelsohne die Musik, komponiert von Fiete Wachholtz und Jonathan Strauch, die für einige der wenigen gelungenen Momente sorgt. Bedauerlicherweise sitzen die beiden Musiker so weit hinten rechts auf der Bühne, dass sie für Zuschauerinnen und Zuschauer, die auf der rechten Seite sitzen, fast unsichtbar bleiben. Auch der Gesang der Schauspielerinnen und Schauspieler ist nicht immer auf dem gewünschten Niveau, was den Gesamteindruck weiter trübt.
So erweist sich „Der große Gatsby“ als ein über weite Strecken zäher Abend am Theater Osnabrück. Die Produktion krankt an einem schwachen Buch, einem uninspirierten Bühnen- und Kostümbild sowie einer Inszenierung, die es nicht schafft, die Faszination der Vorlage einzufangen. Trotz guter schauspielerischer Leistungen ist dieser Abend vor allem eines: langweilig.
Text: Dominik Lapp