Herrliche Komödie: „Die spinnen, die Römer“ in Bielefeld
Das Theater Bielefeld meldet sich aus der Spielzeitpause sowie aus dem fünfeinhalbmonatigen Corona-Tiefschlaf zurück und hat die neue Spielzeit mit Stephen Sondheims Musical „Die spinnen, die Römer“ eröffnet. Weil man den Originaltitel „A funny Thing happened on the Way to the Forum“ nicht so recht zu übersetzen wusste, ist das Werk in Deutschland unter drei Namen bekannt: In Bielefeld als „Die spinnen, die Römer“, kam es an anderen deutschsprachigen Bühnen mit dem Titel „Zustände wie im alten Rom“ und „Toll trieben es die alten Römer“ zur Aufführung. Bei allen Titeln wird schnell klar, dass es sich bei dem Werk nicht um einen römischen Historienschinken, sondern um eine aberwitzige Parodie handelt – und die zündet in der Inszenierung von Klaus Christian Schreiber geradezu perfekt.
Das Buch von Burt Shevelove und Larry Gelbart erzählt die Geschichte des gewitzten Sklaven Pseudolus, der mit allerhand Mitteln versucht, seine Freiheit zu erlangen. Im Handlungsverlauf ergeben sich dabei immer neue Irrungen und Wirrungen, so dass der Regisseur das Kunstwerk zu vollbringen hatte, die zahlreichen Gags mit dem richtigen Timing zu zünden und dabei das hohe Spieltempo zu halten – doch das ist ihm, gerade auch im Zusammenspiel mit der dynamischen Choreografie von Dominik Büttner, sehr gut gelungen. Die derzeit geltenden Corona-Hygieneregeln wurden exzellent in die Inszenierung eingearbeitet. So werden Requisiten nur mit einem Tuch berührt, wenn sie zwischen den Charakteren hin und her wechseln.
Als Running Gag entpuppt sich der „Chor“, einzig und allein personifiziert durch Eike Schmidt, der sich zwei ihm aus dem Gesicht geschnittene Puppen gebaut hat, die ihn immerzu begleiten. Aber auch darüber hinaus gibt es viele witzige Ideen, die Klaus Christian Schreiber in seiner flotten Inszenierung umgesetzt hat. Dabei kommt ihm das Bühnenbild von Julia Hattstein zugute, das mehrere römische Gebäude zeigt und in der Mitte eine Drehtür besitzt, die sich – bezogen auf das Timinig – als geradezu essenziell erweist. Neben dem Bühnenbild zeichnet Julia Hattstein außerdem für die Kostüme verantwortlich, die dazu beitragen, das Publikum ins antike Rom zu entführen.
Wie man es aus Bielefeld kennt, wurde erneut auf eine hervorragende Darstellerriege gesetzt. Allen voran ist es Jonas Hein, der mit dem Sklaven Pseudolus eine weitere Paraderolle gefunden hat. Nachdem er in den letzten Jahren viele dramatische Rollen in Werken wie „Der Glöckner von Notre Dame“, „Tanz der Vampire“ oder „Jacob und Wilhelm“ spielte, überrascht er jetzt in „Die spinnen, die Römer“ mit einer außerordentlich komödiantischen Leistung. Er meistert die Sondheim-Songs stimmlich mit Bravour und gibt Pseudolus herrlich schlitzohrig, wofür ihm das dankbare Publikum mit zahlreichen Lachern und viel Szenenapplaus dankt.
Merlin Fargel spielt Hero ganz wunderbar zurückhaltend-schüchtern, lässt mit seinem strahlenden Gesang aufhorchen und schmachtet seiner Angebeteten vortrefflich hinterher. Als diese Angebetete, die junge Kurtisane Philia, steht ihm Laura Luise Schreiber in nichts nach. Schreiber weiß mit klarer Gesangsstimme und schauspielerisch durch herrliche Naivität zu überzeugen. Ihrem Rollennamen mehr als gerecht wird zudem Cornelie Isenbürger als Domina, die großartig die hintergangene Ehefrau des Senex gibt.
Carlos Horacio Rivas punktet schauspielerisch, indem er den Chefsklaven Hysterium äußerst überdreht darstellt. Wenn er sich letztlich in Frauenkleidern als Philia ausgeben muss, hält es das Publikum vor Lachen kaum noch auf den Plätzen. Als Senex überzeugt Dirk Audehm ebenfalls mit seiner komödiantischen Ader – insbesondere, wenn der Römer den feurigen Liebhaber in sich wiederentdeckt, mit den Damen im Publikum flirtet und seinen zweiten Frühling erlebt. Großartig spielt Frank Wöhrmann den selbstverliebten römischen Hauptmann Miles Gloriosus, während Lorin Wey als Kurtisanenhändler Marcus Lycus und Lutz Laible als alter Erronius in ihren Rollen ebenso zu überzeugen wissen.
Dass „Die spinnen, die Römer“ so einen großen Spaß macht, liegt aber nicht nur an der vorzüglichen Darstellerriege und der perfekt getimten Inszenierung, sondern genauso an der schwungvollen Musik von Stephen Sondheim, die William Ward Murta für die Bielefelder Philharmoniker ganz hervorragend neu arrangiert hat. Im jederzeit passenden Tempo leitet Murta das Orchester durch die jazzig-swingende Partitur und liefert musikalische Glanzpunkte, die diese durchweg glänzende Inszenierung noch einmal unterstreichen. Ein großer, abwechslungsreicher Spaß, den man nicht verpassen darf!
Text: Dominik Lapp