„Don Pasquale“ (Foto: Stephan Walzl
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Aufs richtige Pferd gesetzt: „Don Pasquale“ in Oldenburg

Endlich! Endlich wieder ein Opernabend unter mehr oder weniger normalen Bedingungen. Das Oldenburgische Staatstheater hat sich in Zeiten von Corona in eine Vorreiterrolle begeben und darf in enger Abstimmung mit dem Landesministerium für Wissenschaft und Kultur wieder eine Oper aufführen, bei der auf der Bühne nicht die mittlerweile schon obligatorischen Corona-Maßnahmen umgesetzt werden müssen. Als wäre das allein nicht schon Grund zur Freude genug, überzeugt man mit Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ auch noch auf der künstlerisch-musikalischen Seite.

Zum Probenstart der Opernproduktion hatten sich alle Beteiligten freiwillig in eine feste Gruppe begeben, um unter Normalbedingungen proben zu können. Das künstlerische Team verordnete sich unter strengsten Hygienemaßnahmen eine Art Proben-Quarantäne, so dass soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt wurden. Außerdem gehörte dazu regelmäßiges Fiebermessen vor der Probe, regelmäßiges Lüften der Probenräume sowie Kohlenstoffdioxid-Messungen, wöchentliche Corona-Tests und das Führen eines geheimen Kontaktprotokolls.

Allen an „Don Pasquale“ beteiligten Personen gebührt dafür größter Respekt, weil nur durch ihren Einsatz eine halbwegs normale Inszenierung ermöglicht wurde. Sicher, der Chor wurde herausgekürzt, das normalerweise rund 50-köpfige Orchester ist verkleinert worden. Dennoch sitzen immerhin noch 24 Musizierende – mit Abstand zueinander und teilweise durch Plexiglaswände voneinander getrennt – im Orchestergraben und sorgen unter der versierten Leitung von Vito Cristofaro für einen exzellenten musikalischen Klangteppich. Vom ersten bis zum letzten Ton dirigiert Cristofaro das Oldenburgische Staatsorchester brillant mit größter Hingabe, exemplarischer Sorgfalt, Esprit und leichter Hand.

Diesen hohen Maßstäben, die vom Dirigentenpult gesetzt werden, steht die Besetzung auf der Bühne in nichts nach. Hier lässt insbesondere Martha Eason – die einzige Frau im Stück – aufhorchen, die in der Rolle der Norina debütiert. Mit wunderbarer Ausstrahlung, jugendlicher Leichtigkeit, keckem Schauspiel und ihrem strahlenden Sopran macht sich Eason ihre Rolle zu eigen. Jede Szene mit ihr wird so zu einem Höhepunkt.

Die Herrenriege weiß allerdings ebenso zu überzeugen. Allen voran ist es Donato di Stefano, der in der Titelrolle seine gesangliche Vielseitigkeit demonstriert. Er berührt einerseits mit seinem warmen Timbre und andererseits mit technischer Souveränität, zeigt zudem schauspielerisch die perfekte Balance zwischen komischen und ernsten Momenten. Der junge Tenor César Cortés mimt als Ernesto einen authentischen Liebhaber, der in den Duetten exzellent mit Martha Eason harmoniert und auch solo mit brillanter Technik und sicheren Höhen glänzt. In der Rolle des Malatesta wirkt Leonardo Lee glaubwürdig und bringt seinen facettenreichen Bariton zum Strahlen, rollendeckend agieren außerdem Logan Rucker als Carlotto sowie Mykola Pavlenko als Kammerdiener, und selbst die vier Statisten als stumme Kammerdiener bleiben positiv im Gedächtnis.

Dieser Oldenburger „Don Pasquale“ hat aber nicht nur musikalisch viel zu bieten, sondern auch visuell. Das ausladende Bühnenbild von Piero Vinciguerra wechselt zwischen Don Paquales Salon und einem Zimmer in Norinas Haus, wobei sich vor allem Letzteres durch zehn überdimensional große Schuhschränke als echter Hingucker erweist – als sich die Schranktüren öffnen, geben diese nämlich den Blick auf nicht weniger als 420 unterschiedliche Paar Schuhe frei, was beim Publikum für Erheiterung sorgt. Zudem sind die Kostüme von Mathilde Grebot passend zu den jeweiligen Rollen gestaltet worden.

Regisseur Christoph von Bernuth präsentiert „Don Pasquale“ in einer turbulenten, sehr kurzweiligen und urkomischen Inszenierung. Dabei zeichnet er sich besonders durch eine profilierte Personenregie aus, so dass keiner der Charaktere eindimensional erscheint. In Oldenburg hat man also in allen Bereichen aufs richtige Pferd gesetzt und eine durchweg gelungene Donizetti-Oper auf die Bühne gebracht, die von der ersten bis zur letzten Note ein wahrer Genuss ist.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".