„Ghost“ (Foto: Nico Moser)
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Spannend und mit viel Gefühl: „Ghost“ auf Tour

Mit „Ghost – Nachricht von Sam“ eroberte 1990 eine große Liebesgeschichte die Kinoleinwand. Der Streifen wurde mit Whoopi Goldberg, Demi Moore und Patrick Swayze zu einem Kultfilm und fand später auch den Weg auf die Musicalbühne. Jetzt hat die Frankfurter Produktionsfirma ShowSlot eine stimmige Neuinszenierung von „Ghost“ auf Tour geschickt.

Das Musical von Dave Stewart und Glen Ballard (Musik und Songtexte) sowie Bruce Joel Rubin (Buch und Songtexte) funktioniert als Tourproduktion erstaunlich gut. Das liegt vor allem an der präzisen Regie von Manuel Schmitt, der den Fokus auf die Charakterentwicklung legt, Figuren mit Tiefenschärfe schafft und gelungene Ideen hat, um die Fähigkeiten der Geister (durch Türen gehen, Gegenstände bewegen) zu visualisieren.

Erzählt wird die genauso spannende wie emotionale Story in einem einfachen, aber funktionalen Bühnenbild von Adam Nee. Durch fahrbare Kulissenteile entsteht aus dem Loft von Molly und Sam der Laden der Spiritistin Oda Mae Brown, eine Bank, ein Krankenhaus oder eine U-Bahn. Sehenswert sind außerdem die Kostüme von Mara Lena Schönborn und das Lichtdesign von Phil Kong. Eine Augenweide ist zudem die Choreografie von Timo Radünz. Zwar ist „Ghost“ kein tanzlastiges Musical, aber die wenigen Tanzszenen hat Radünz mitreißend umgesetzt – ob nun die Nummer „Mehr“, wo in Büro-Outfits in der Bank mit Smartphones getanzt wird, oder im zweiten Akt, wenn Oda Mae Brown ihr „Nur weg von hier“ träumt.

Durchweg überzeugen kann bei dieser Tour zudem die erstklassige Besetzung. Allen voran sind es Katrin Merkl und Konstantin Busack, die absolut perfekt miteinander harmonieren. Schauspielerisch sind beide sehr natürlich und emotional, spielen das Liebespaar authentisch. So wird die Liebe zwischen Sam und Molly selbst über den Tod hinaus sicht- und fühlbar. Doch auch gesanglich ist an dem Paar nichts auszusetzen – sie singen so klar, so emotional, so stark, dass ein kalter Schauer den nächsten jagt. Gänsehaut!

Der heimliche Star des Stücks ist allerdings Louisa Heiser in der Rolle der Oda Mae Brown, die mit ihrem Song „Nur weg von hier“ den Showstopper des Abends liefert und mit ihrem Witz und Esprit für etliche Lacher sorgt. Kim-David Hammann gelingt der Balanceakt, als Carl einerseits den guten Freund und andererseits einen geldgeilen Stinkstiefel darzustellen, mit Bravour und geschmeidiger Stimme.

Eher kleine Rollen spielen Richard McCowen, Robert Lankester und Alessandro Ripamonti. Dennoch holen sie alles aus ihren Parts heraus: McCowen gelingt zunächst als Krankenhaus-Geist mit seinem Song „Lass einfach los“ und später als Bankangestellter ein toller Auftritt, Lankester gibt einen aggressiv-verzweifelten U-Bahn-Geist und Ripamonti ist als Mörder Willie Lopez im Schauspiel beeindruckend.

Für ein Musical bietet „Ghost“ überraschend wenig Songs, es gibt viele Dialoge. Im ersten Akt sind es neun Lieder, die Ouvertüre nicht eingerechnet, im zweiten gerade einmal sieben. Trotzdem verliert die Handlung ihren Drive und ihre Spannung nicht, was dem guten Buch zuzuschreiben ist. Darüber hinaus ist das Stück musikalisch sehr abwechslungsreich, wenn auch die Musik nur aus der Konserve kommt – bezaubernde Duette und starke Soli wechseln sich mit stimmigen Ensemblenummern ab. Ein Besuch dieses Musicals ist Pflicht. Unbedingt ansehen!

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".