Kurzweilig: „The Goodbye Girl“ in Bielefeld
Wer hat nicht schon mal versucht, sich eine unliebsame Trennung schönzureden? Ein Lied davon singen kann die arbeitslose Broadway-Tänzerin Paula McFadden, die erneut sitzengelassen wurde und wieder einmal nur „The Goodbye Girl“ ist. Das gleichnamige Musical von Neil Simon (Buch), Marvin Hamlisch (Musik) und David Zippel (Songtexte) feierte jetzt seine deutschsprachige Erstaufführung am Theater Bielefeld in einer neuen Übersetzung von Laura Friedrich Tejero, die nur die weiblichen Parts übersetzte, und Roman Hinze, der für die Übersetzung der männlichen Parts verantwortlich zeichnet.
Regisseur Thomas Winter erzählt die Geschichte von Paula und ihrer Tochter Lucy als genauso schonungsloses wie charmantes Kammerspiel und hat dabei insbesondere die Frauenrollen stark gezeichnet. Das minimalistische Bühnenbild von Sebastian Ellrich, das Paulas Wohnung nur andeutet, erweist sich als geradezu perfekt, um den Figuren des Stücks ausreichend Raum zu lassen und sie nicht unter einem Ausstattungsbombast zu erdrücken. Farblich sind sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme – die ebenfalls von Ellrich kommen – in Rot, Weiß und Grau gehalten.
Ein starkes Gespann sind Frederike Haas als Tänzerin Paula McFadden und Nikolaj Alexander Brucker als Schauspieler Elliot Garfield. Sie geben zwei liebenswerte Menschen, die sich so sehr selbst im Weg stehen, dass sie nur schwer zueinanderfinden. Wie Elliot sich als ungebetener Untermieter nicht nur in Paulas Wohnung, sondern direkt in ihr ganzes Leben drängt, stellt Brucker schauspielerisch grandios dar. Doch Haas steht ihm im Schauspiel in nichts nach. Wie Paula Elliot immer wieder Paroli bietet oder den ungebetenen Gast an der Tür mit einem fingierten Ehemann und Hund abwimmeln möchte, sorgt beim Publikum für zahlreiche Lachsalven. Brucker hingegen gelingt das beim Stück im Stück, bei dem Elliot als Richard III. auf der Bühne steht und zwischen Mann und Frau wechselt. Auch gesanglich sind Frederike Haas und Nikolaj Alexander Brucker eine sichere Bank.
Die Entdeckung des Abends ist jedoch Romina Markmann in der Rolle von Paulas Tochter Lucy. Es ist immer eine Gratwanderung, wenn eine erwachsene Darstellerin ein Kind oder eine Teenagerin darstellt. Doch Markmann schafft es, ein authentisches Bild ihrer Rolle zu zeichnen. Da wirkt nichts aufgesetzt oder übertrieben, sondern immerzu echt und auf den Punkt. Die jugendliche Leichtigkeit ihres Parts transportiert Romina Markmann in jeder Szene sowohl schauspielerisch als auch gesanglich.
Einen ebenfalls starken Auftritt legt Amanda Whitford mit röhrender Soulstimme und einem guten komödiantischen Gespür als Hausbesitzerin Mrs. Crosby hin. Große Wandlungsfähigkeit zeigt zudem Carlos Horacio Rivas, wenn er Billy, den Moderator Ricky Simpson und den extravaganten Regisseur Mark Koslovski spielt. Ebenfalls erwähnenswert ist das vierköpfige Tanzensemble (bestehend aus Julia Waldmayer, Karina Rapley, Andrew Chadwick und Samuel Chung), das der ansprechenden Choreografie von Dominik Büttner vollends gerecht wird.
Aber nicht nur mit starken Mitwirkenden und einer kurzweiligen Story überrascht „The Goodbye Girl“, sondern auch mit den Texten von Laura Friedrich Tejero und Roman Hinze. Das Konzept, die Texte nach Geschlechtern zu trennen und übersetzen zu lassen, ist nicht nur ein Novum, sondern funktioniert hörbar gut. Und hören lassen kann sich ebenso die Musik von Marvin Hamlisch, die von den Bielefelder Philharmonikern unter der versierten Leitung von William Ward Murta mit druckvollem Big-Band-Sound aus dem Orchestergraben ertönt.
Text: Dominik Lapp