Rundum gelungen: „Gräfin Mariza“ in Osnabrück
Nachdem sich das Theater Osnabrück in den letzten Spielzeiten mit „Eine Nacht in Venedig“ und „Die Fledermaus“ auf Operetten von Johann Strauss konzentriert hatte, ist in diesem Jahr Emmerich Kálmán an der Reihe. Dessen „Gräfin Mariza“ wurde im Theater am Domhof von Matthias Oldag vortrefflich inszeniert und von Kati Farkas hervorragend choreografiert, so dass der knapp dreistündige Abend wie im Flug vergeht.
Die Inszenierung zeichnet im Stil von „Babylon Berlin“ ein Traumbild der wilden Zwanziger und spart nicht an süffig-schmissigen Szenen. Matthias Oldag schafft es, einen exzellenten Operetten-Cocktail zu mixen, worin sich leidenschaftliche Gefühle mit genauso witzigen wie tiefsinnigen Momenten abwechseln. Ungarisches Lokalkolorit streut er durch einen Geiger (Michal Majersky) und eine Tänzerin (Emanuela Vurro) ein, die für emotionale Momente sorgen.
Die Tänzerinnen und Tänzer (Clara Hendel, Hannah Miele, Franziska Wagner, Yannic Blauert, Pascal Schmid, Efstratios Stavridis und Richard Nagy) erschaffen mit den von Kati Farkas choreografierten Szenen die operettentypischen Bilder aus Revue und Show und erweisen sich als ein Highlight der Inszenierung. Was außerdem deutlich wird: Der Choreografin ist das Kunststück gelungen, den sonst eher etwas ungelenken Opernchor tänzerisch wunderbar einzubinden.
Als ebenso fabelhaft wie Inszenierung und Choreografie erweist sich die Ausstattung von Darko Petrovic, der einen mondänen ungarischen Nachtclub auf die Bühne gezaubert hat, welcher durch Hubpodien sogar auf zwei Ebenen bespielt werden kann. Sehenswert sind weiter Petrovics Kostüme, die sich an der Mode der Zwanziger orientieren und durch unzählige Pailletten für Glitter und Glanz sorgen.
Auch musikalisch ist an dieser „Gräfin Mariza“ nichts auszusetzen: Alle Solistinnen wie Solisten überzeugen gesanglich, und auch der Opernchor (Einstudierung: Sierd Quarré) ist mit großer Spielfreude und Ernsthaftigkeit bei der Sache. James Edgar Knight gibt Graf Tassilo mit hörbarer Leidenschaft und viel Schmelz in der Stimme, punktet mit deutlicher Artikulation, wunderbarem Legato, vorzüglicher Höhe und überzeugendem Schauspiel. An seiner Seite schwelgt Susann Vent-Wunderlich in der Titelrolle mit üppigem Sopran und glutvollen Tönen.
Genauso stark sieht es auf der Buffo-Seite aus. Julie Sekinger ist eine sehr charmante und stimmlich reizende Lisa, die einmal mehr mit ihrem hellen Sopran überzeugt. Zudem harmoniert sie sehr gut mit Andreas Rainer, der als Baron Koloman Zsupán mit ungarischem Akzent komisches Talent beweist. Olga Privalova glänzt gesanglich als Manja, Mark Hamman gefällt stimmlich wie darstellerisch als Fürst Populescu und Ronald Funke entlockt dem Publikum als Tassilos sächselnde Tante wahre Lachsalven.
Zuletzt ist da noch das Osnabrücker Symphonieorchester, das von Daniel Inbal makellos und präzise dirigiert wird, schwebenden Walzer, spannungsgeladenen Czárdás und jazzig-swingenden Ragtime bietet, wodurch diese „Gräfin Mariza“ zu einer rundum gelungenen Sache wird.
Text: Dominik Lapp