„Die griechische Passion“ (Foto: Stephan Glagla)
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Stark: „Die griechische Passion“ in Osnabrück

In einem reichen griechischen Dorf wird ein österliches Passionsspiel vorbereitet – bis Flüchtlinge eintreffen, die vertrieben wurden und um Schutz und Zuflucht bitten. Mit ihrer Flüchtlingsproblematik ist die Oper „Die griechische Passion“ von Bohuslav Martinu (Musik und Libretto) ein Stück der Stunde und aktueller denn je. Am Theater Osnabrück ist das Werk jetzt in einer starken Inszenierung von Philipp Kochheim zu sehen, die auch nicht mit musikalischen Glanzpunkten geizt.

Kochheim fährt alles auf, was das Theater hergibt. Neben einer Vielzahl solistischer Stimmen sind Opernchor, Extra- und Kinderchor involviert, um die Flüchtlingsgeschichte zu erzählen. Dabei setzt der Regisseur weniger auf schockierende Bilder als vielmehr auf den Bezug zur Gegenwart. Er lässt zwei Welten zwischen Besitz und Armut aufeinandertreffen und führt uns eine Gesellschaft vor Augen, die sich selbst ein Feindbild erschafft.

Optisch sehr gut verpackt wird dies durch das Bühnenbild und die Kostüme von Uta Fink, die dafür Weiß als dominierende Farbe ausgewählt hat. Gebrochen wird diese weit in den Zuschauerraum strahlende Helligkeit erst durch ein Holzboot, in dem die dunkel gekleideten Flüchtlinge eintreffen und so auch farblich die zwei Welten aufeinanderprallen lassen.

Das sozialkritische Anliegen weiß Bohuslav Martinu durch eine Musik zu transportieren, die unter die Haut geht. Denn „Die griechische Passion“ bietet eine breit gefächerte musikalische Sprache, die mal äußerst epochal und dann doch wieder ganz simpel klingt. Dem Stilmix aus weltlichen Klängen, byzantinischer Kirchenmusik und folkloristischen Anleihen wird das Osnabrücker Symphonieorchester mühelos gerecht. Generalmusikdirektor Andreas Hotz versteht es mit hörbarer Motivation und Leidenschaft, das Orchester, die Chöre sowie die solistischen Sängerinnen und Sänger zu koordinieren und durch Martinus komplexe Partitur zu führen. Dabei etabliert er im Zentrum einen dynamischen Streicherteppich, der immer wieder genial aufgebrochen und dramatisch zugespitzt wird.

Mit herausragenden Leistungen wecken zudem die Sängerinnen und Sänger Interesse an ihren Figuren. So macht Rhys Jenkins die Brutalität des Priesters Grigoris mit seinem erdigen Bariton geradezu furchterregend deutlich, während Erik Rousi mit innig strahlendem Bassbariton einen seelenvollen Flüchtlingspriester Fotis gibt. Susann Vent-Wunderlich begeistert mit ihrem voluminösen Sopran und wunderbar fließenden Bögen, wohingegen Julie Sekinger als Lenio emotional berührt und mit ihrem lyrischen Sopran überzeugt.

James Edgar Knight glänzt wie gewohnt mit seinem eleganten Tenor und zeichnet ein starkes Bild von Manolios, sein Fachkollege Aljoscha Lennert ist mit seinem klangschönen lyrischen Gesang ein rührender Yannakos, Jan Friedrich Eggers stattet Kostandis mit einem ebenmäßigen Bariton aus und Mark Hamman verleiht seinem Panait tenoralen Glanz. Dass auch die intonationsstarken Chöre erstklassig von Sierd Quarré und Anna Milukova einstudiert wurden, wird besonders in den großen Chorsätzen am Anfang und Ende deutlich, die zu den ausdrucksstärksten Teilen der „Griechischen Passion“ gehören.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".