„Hairspray“ in Bonn (Foto: Bettina Stöß)
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Mitreißender Schwung und starke Botschaft: „Hairspray“ in Bonn

Die Oper Bonn hat mit dem Musical „Hairspray“ unter der Regie von Erik Petersen einen lebendigen, farbenfrohen und zeitgemäßen Abend auf die Bühne gebracht. Petersen bleibt der Handlung treu, die in den Sechzigerjahren in Baltimore spielt, und erzählt authentisch vom Kampf für soziale Gerechtigkeit und die freie Persönlichkeitsentfaltung. Dabei gelingt ihm eine ausgewogene Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, ohne die Botschaft des Stücks (Buch: Mark O’Donell und Thomas Meehan, Songtexte: Marc Shaiman und Scott Whitman) aus den Augen zu verlieren.

Besonders sehenswert sind das Bühnenbild und die Kostüme von Dirk Hofacker, der mit viel Liebe zum Detail die Ästhetik der Sixties wiederaufleben lässt. Unterstützt durch das Lichtdesign von Boris Kahnert entsteht eine visuell stimmige Kulisse, die das Publikum unmittelbar in die Welt von Tracy Turnblad eintauchen lässt. Die Choreografie von Sabine Arthold sprüht vor Energie und Dynamik und fängt den Geist dieser Ära perfekt ein.

Antonia Tröstl begeistert als Tracy mit ansteckendem Enthusiasmus und einer warmen Bühnenpräsenz. Ihre genauso jugendliche wie ausdrucksstarke Stimme trägt das Publikum durch Hits wie „Good Morning Baltimore“. Eine der stärksten Performances des Abends liefert aber Enrico De Pieri als Edna Turnblad. Regisseur Erik Petersen interpretiert Edna weniger überzogen als in früheren Inszenierungen, was De Pieri die Möglichkeit gibt, der Rolle mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, ohne den Humor zu verlieren. Sein Zusammenspiel mit Mark Weigel als liebevoll-treuem Wilbur Turnblad sorgt für herzerwärmende Momente.

Yannick-Muriel Noah als Motormouth Maybelle brilliert stimmlich und schafft es, mit ihrer kraftvollen Performance einen emotionalen Höhepunkt zu setzen. Maickel Leijenhorst als Seaweed J. Stubbs und Tara Friese als dessen Schwester Inez beeindrucken mit sprühender Energie und tänzerischem Können.

Mathias Schlung verleiht Corny Collins charmante Eloquenz und zeigt sich wandelbar in weiteren Rollen wie Mr. Spritzer, während Fin Holzwart als Link Larkin mit Charisma und jugendlichem Schwung überzeugt. Kerstin Ibald und Kara Kemeny geben als Velma und Amber van Tussle gekonnt die überzeichneten, manipulativen Antagonistinnen. Friederike Zeidler liefert als Penny Pingleton eine erfrischend komische Darstellung, die das Publikum zum Lachen bringt.

Unter der Leitung von Jürgen Grimm entfaltet das Orchester seinen gesamten Klangreichtum und schafft es, die temporeiche und eingängige Musik von Marc Shaiman so mitreißend umzusetzen, dass man unweigerlich mit den Füßen wippt.

Die Bonner Inszenierung von „Hairspray“ erweist sich am Ende als voller Erfolg. Sie kombiniert spritzige Unterhaltung, präzise choreografierte Tanznummern und eine bewegende Botschaft zu einem Erlebnis, das begeistert. Mit einer durchweg überzeugenden Besetzung, einem sehenswerten Bühnenbild und dem stimmigen Regiekonzept beweist die Produktion, dass das Stück noch nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Text: Christoph Doerner

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Nach seinem Studium der Musiktheaterwissenschaft, einem Volontariat sowie mehreren journalistischen Stationen im In- und Ausland, ist Christoph Doerner seit einigen Jahren als freier Journalist, Texter und Berater tätig.