Konzert eines Rockpoeten: Heinz Rudolf Kunze in Kloster Oesede
Er ist einer der wichtigsten politischen Songschreiber und ein wahrer Rockpoet: Heinz Rudolf Kunze. Sein 40-jähriges Bühnenjubiläum hat der Rocksänger, Schriftsteller, Liedermacher und Musicaltexter jetzt mit einem Doppelkonzert – nachmittags und abends – auf der Waldbühne Kloster Oesede gefeiert. Für Kunze war der Auftritt im Rahmen des Georgsmarienhütter Kulturrausch-Programms ein Heimatbesuch, denn er wuchs im benachbarten Osnabrück auf und besuchte als Kind schon die Aufführungen der Waldbühne.
„Willkommen zur Kindervorstellung“, scherzt Kunze zum Konzertbeginn mit Verweis auf die für ihn eher ungewöhnlich frühe Auftrittszeit. „Es ist schön, wieder hier zu sein. Das muss bestimmt über 50 Jahre her sein, dass ich das erste Mal hier war – damals noch als Schüler.“ Ohne Verstärkung ist der Mann mit der markanten Brille, die seit vielen Jahren sein Markenzeichen ist und schon den Titel für ein Album lieferte, nach Kloster Oesede gekommen. Aber auch ohne Band rockt Heinz Rudolf Kunze die Bühne – immer abwechselnd auf verschiedenen Gitarren, am Klavier oder mit der Mundharmonika.
Doch zunächst braucht es etwas, bis das mit den neueren Songs etwas fremdelnde Publikum mitfeiert. „Ich muss heute zweimal ran, also macht mich bitte nicht so fertig mit eurer Hingabe“, bittet der Sänger mit ironischem Unterton. Und so dauert es rund 40 Minuten – Kunze stimmt mit „Aller Herren Länder“ gerade eine seiner älteren Nummern an – bis das Eis bricht und die Zuschauerinnen und Zuschauer mitklatschen.
Schnell wird mal wieder klar: Heinz Rudolf Kunze meint, was er sagt, und er sagt, was er meint. Es gibt viele Worte von ihm, nicht nur in Form von feinsinnigen Songtexten, sondern auch in Form von gewohnt kritisch-witzigen Texten und Gedichten, die er vorliest, in Form von Geschichten und Anekdoten, die er erzählt. Kunze sucht den Kontakt zu seinem Publikum, liebt die Provokation, improvisiert auch mal. Und das Publikum folgt ihm immerzu begeistert und aufmerksam.
Als an diesem Nachmittag neben dem Bühnengelände ein Gartenhäcksler in Betrieb genommen wird, ist das zwar für den Künstler genauso wie für das Publikum extrem nervig. Aber sehr zum Amüsement der Anwesenden, thematisiert Heinz Rudolf Kunze den Häcksler sogleich: „Das war ein Solo für Gesang, Klavier und Gartenhäcksler. Ich hab’s versucht.“ Anschließend philosophiert er über Vagina-Piercings und Paartherapie, macht Witze über Hitler und Trump, thematisiert das N-Wort, und auch der „luschige Armin“ (gemeint ist Armin Laschet) bekommt sein Fett weg.
Musikalisch beschränkt sich Kunze auf das Wesentliche: seine Gitarre und sein Klavier, manchmal ist auch Mundharmonika dabei. Im Gepäck hat er neue und alte Hits von seinen insgesamt rund 500 Songs, die mal gespickt sind mit Empörung und Zorn, mal mit Zärtlichkeit und Liebe. Dabei bewegt er sich irgendwo zwischen Franz Kafka (dem er auch schon ein Lied widmete) und Bob Dylan.
Selbst am Klavier schafft es Heinz Rudolf Kunze, den Rocker im Dichter zu zeigen, wenn er schwungvoll in die Tasten haut, als gäbe es kein Morgen, um im Anschluss wieder die leiseren Töne anzuschlagen. Als schließlich seine großen Hits „Dein ist mein ganzes Herz“ (sein bislang größter Single-Erfolg aus dem Jahr 1985) und „Finden Sie Mabel“ erklingen, hält es niemanden mehr auf den Sitzen.
Text: Dominik Lapp