
Zum Staunen und Träumen: „Holiday on Ice – Horizons“ auf Tour
Wenn das Eis bebt, der Bass durch die Halle wummert und LED-Wände im Takt der Musik pulsieren, dann ist klar: Das hier ist kein gewöhnlicher Eiskunstlauf – das ist „Holiday on Ice“. Mit der neuen Show „Horizons“ hat das Erfolgsformat, das seit über 80 Jahren Zuschauerinnen und Zuschauer weltweit begeistert, erneut den Beweis erbracht, dass Eiskunstlauf weit mehr sein kann als Pirouetten und Pailletten. „Horizons“ ist ein visuelles und emotionales Statement – urban, laut, leuchtend und lebendig.
Mit dem Motto „Feel the City Beat“ transportiert die diesjährige Show das Publikum mitten hinein in den vibrierenden Mikrokosmos einer modernen Metropole. Statt einer klassischen Handlung setzt Regisseur Robin Cousins auf ein kaleidoskopartiges Erzählen in Momentaufnahmen – kleine Szenen, Bewegungen, Begegnungen, die zusammen das Porträt einer Stadt ergeben: roh, rhythmisch, romantisch.

Choreograf Mark Naylor und Lichtdesigner Chris Moylan lassen die (Eis-)Bühne zur schillernden Stadtsilhouette mutieren. Von den flirrenden Citylights bis zu versteckten Winkeln – das Publikum ist mittendrin im urbanen Flow, getragen von einem Soundtrack, der nahtlos zwischen Elektro, Pop und Emotion wechselt. So setzt „Horizons“ musikalisch auf eine kraftvolle Mischung aus der Konserve: Lady Gaga, Ed Sheeran, Pink und viele mehr begleiten die Szenen und geben den Beats der Stadt ein Gesicht. Die Musik ist dabei mehr als nur Untermalung. Sie ist Taktgeberin, Stimmungsbarometer und Erzählerin zugleich. Mal treibend, mal gefühlvoll, immer auf den Punkt.
Das visuelle Zentrum von „Horizons“ ist ein Bühnenbild der Superlative. Entwickelt vom StuFish Design-Team, besteht es aus insgesamt 460 LED-Panels, über 2 Millionen Lichtpixeln und mehr als 200 Quadratmetern Bildschirmfläche. Ergänzt wird das Set durch sechs bewegliche Cubes über der Eisfläche und zwei motorisierte Türme auf dem Eis, die bewegt und bespielt werden.

Dazu gesellen sich über 300 maßgeschneiderte Kostüme, gestaltet von Designer Michael Sharp, die aufwändig verarbeitet wurden – mit Tausenden Federn, Millionen Strasssteinen und 20.000 Metern Stoff. Der Look ist eine aufregende Mischung aus Streetwear und Show-Glamour. Kaum zu glauben, dass das schwerste Kostüm satte 15 Kilo wiegt – und dass es bei jedem Durchlauf der Show 14 komplette Kostümwechsel gibt. Beeindruckend ist auch, wie nahtlos sich dieses textile Spektakel in die Großstadt-Ästhetik der Show einfügt, ohne zu überladen zu wirken.
Was „Horizons“ weiter auszeichnet, ist das Zusammenspiel aus klassischer Eiskunstlauftechnik und waghalsiger Artistik. Die Show verzichtet bewusst auf eine lineare Geschichte und punktet damit: Jede Szene darf für sich wirken – und das ist auch gut so, denn Langeweile kommt hier keine Sekunde auf. Zu den Highlights zählen akrobatische Luftnummern wie der Aerial Hoop oder eine Artistin, die – ja, tatsächlich – an ihren Haaren durch die Luft schwebt. Ein mutiger Mix aus Zirkus, Performance-Art und Eislauf.

Wenn mehr als 30 Eiskunstläuferinnen und -läufer gleichzeitig auf dem Eis wirbeln, kreisen, springen und sich in Formation bewegen, wird klar, wie perfekt hier Timing, Technik und Teamgeist ineinandergreifen. Und wenn Paare wie Alina Solovyeva und Alexey Rogonov oder Tessa Jones und Ivan Pavlichenko nahezu schwerelos über das Eis gleiten, dann zeigt sich: Eleganz und Präzision haben hier ebenso ihren Platz wie pure Energie. Dass die besuchte Vorstellung in Hannover nahezu sturzfrei übers Eis geht, ist angesichts der Komplexität der Show, die teilweise dreimal täglich gegeben wird, ein weiteres Indiz für das hohe Niveau der gesamten Produktion.
Mit „Holiday on Ice – Horizons“ gelingt einmal mehr der Spagat zwischen Tradition und Zeitgeist. Diese Show ist kein klassisches Eislaufspektakel, sondern ein multimediales Gesamtkunstwerk auf Kufen – modern, aufregend, inspirierend. Statt einer Story gibt es visuelle Shortcuts, statt reiner Technik emotionale Power. Ein Muss für alle, die rund zwei Stunden lang staunen und träumen wollen. In der heutigen Zeit wichtiger denn je.
Text: Dominik Lapp