„Jesus Christ Superstar“ (Foto: Dominik Lapp)
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Stimmig: „Jesus Christ Superstar“ in Detmold

Mehr als 50 Jahre nach seiner Uraufführung hat das Musical „Jesus Christ Superstar“ nichts an Aktualität eingebüßt. Das Werk von Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Songtexte) erweist sich auch am Landestheater Detmold sowie auf Abstechern wie beispielsweise am Theater Lingen in der stimmigen Inszenierung von Götz Hellriegel als Publikumsmagnet.

Obwohl die durchkomponierte Rock-Oper durch nicht ganz fließende Szenenübergänge manchmal ins Stocken gerät, entwickelt die Show eine schöne Dynamik, was an der temporeichen Choreografie liegt, für die ebenfalls Hellriegel verantwortlich zeichnet. Zwar bedient sich der Regisseur auch an der Klischeekiste, so wie er beispielsweise Jesus optisch darstellen lässt, aber das Verweben von altertümlicher und moderner Storyline ist ihm dafür umso mehr gelungen.

Das Bühnenbild von Jule Dohrn-van Rossum zeigt eine große graue Treppe, die an eine Arena, an Brot und Spiele erinnert. Die Kostüme von Valerie Hirschmann sind zeitgemäß angehaucht, lediglich eine Gruppe von Streetdancern – dargestellt von jeweils vier Tänzerinnen und Tänzern des Ballettensembles – sowie der schillernde Herodes und Judas als Rockstar beim Titelsong stechen mit moderner Kleidung hervor.

Ein enormes Päckchen zu tragen hat Lukas Witzel als Jesus. Ihm gelingt es, den Messias mit einer angenehm ruhigen Zurückhaltung darzustellen – weniger als Revoluzzer, mehr als besonnener Denker. Großartig im Schauspiel ist Witzel auch, wenn Jesus die Händler aus dem Tempel vertreibt, vor Pilatus tritt, ausgepeitscht und gekreuzigt wird. Gesanglich fesselt er mit der Strahlkraft seines hellen Tenors – vor allem beim Song „Gethsemane“, wo er emotional richtig aufdreht, was das Publikum lautstark bejubelt.

„Jesus Christ Superstar“ (Foto: Dominik Lapp)

Ein ihm absolut ebenbürtiger Gegenspieler ist Hannes Staffler als Judas, der mit seiner kraftvollen Rockstimme bei den Songs „Weil sie ach so heilig sind“ und „Verdammt für alle Zeit“ in die Offensive geht und hervorragend Judas‘ innere Zerrissenheit über die Bühne bringt. Stafflers Judas ist der enttäuschte Freund, dem Personenkult und Hysterie fremd sind und der Jesus im Grunde nur warnen möchte.

Zwischen den starken Herren kann sich die hinreißende Mercedesz Csampai als Maria Magdalena behaupten. Mit natürlichem und einfühlsamem Schauspiel überzeugt sie ebenso wie mit ihrem Gesang. Ihre schnörkellosen Interpretationen lassen die sonst recht kitschigen Songs „Wie soll ich ihn nur lieben“ und „Lass uns neu beginnen“ (stark im Duett mit Jakob Kunath als Petrus) äußerst frisch klingen.

Einen verzweifelten Pontius Pilatus gibt Andreas Jören mit wohltönendem Bariton, während Irakli Atanelishvili mit seinem erdigen Bass exzellent den Hohepriester Kaiphas singt. Hyunsik Shin und Nando Zickgraf bilden als Annas und Priester mit ihren eloquenten Tenorstimmen das perfekte Pendant dazu, mit warmer Stimme gibt Julian Schier den Simon. Einen wahrlich schillernden Eindruck hinterlässt zudem Randy Diamond als leopardengemusterter Herodes mit Goldkettchen.

Zu guter Letzt sind es die Band und Mitglieder des Symphonischen Orchesters Detmold unter der Leitung von Mathias Mönius, die einen großen Anteil an der musikalischen Brillanz dieser Aufführung von „Jesus Christ Superstar“ haben. Mit Bravour bereitet Mönius seinen Musikerinnen und Musikern den Weg durch die Lloyd-Webber-Partitur. Da kracht es ordentlich in den wütenden Rocknummern, da wird es laut in den furiosen Chornummern und da kommen zarte Töne in gefälligen Popballaden zu Gehör. Und am Ende? Tosender Applaus und stehende Ovationen.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".