Hinreißend: „Madame Piaf“ auf Tour
Die Chansons von Edith Piaf sind weltbekannt und begeistern die Menschen auch heute noch, mehr als 50 Jahre nach dem Tod dieser herausragenden Sängerin. Das nutzt die französische Mezzosopranistin Marie Giroux und präsentiert mit der Pianistin Jenny Schäuffelen und der Cellistin Jule Hinrichsen das großartige Chanson-Programm „Madame Piaf“, mit dem sie auf Tour sind.
„Wussten Sie eigentlich, dass ein One-Night-Stand nichts weiter ist als ein einmaliges Gastspiel?“ So wendet sich Marie Giroux an ihr Publikum. Demnach haben die Zuschauer also gerade einen One-Night-Stand mit „La mome Piaf“, dem kleinen Spatz von Paris. Marie Giroux, die mit zehn unterschiedlichen Programmen auf Tour ist und mehr als 100 Auftritte im Jahr absolviert, beweist mit ihrem Programm äußerst eindrucksvoll, dass sie sich sehr intensiv mit der Chansonsängerin beschäftigt hat.
Herausgekommen ist dabei eine vergnügliche Abendunterhaltung, ganz ohne Prüderie, die das Publikum musikalisch mitreißt. Die französische Chansonsängerin beeindruckt dabei nicht nur mit ihrem Gesang, sondern auch durch die charmante Moderation und ihren hinreißenden französischen Akzent. „Ich habe Hängebrüste und einen kleinen, flachen Hintern“, zitiert Giroux gleich zu Beginn die Piaf. „Aber ich kriege die Männer trotzdem.“
Mit diesem Zitat lässt die Künstlerin bereits erahnen, was in dem rund zweistündigen Programm geboten wird. Denn im Fokus stehen neben der eher unbekannten Seite der Piaf ebenso ihre Männergeschichten. Piaf hatte sie schließlich alle: Charles Aznavour, Gilbert Bécaud, Yves Montand und Georges Moustaki. „Ich wusste nichts von ihm, aber er liebte mich die ganze Nacht“, sagte die nur 1,47 Meter große Piaf einmal. Alles, was Marie Giroux an diesem Abend sagt, von Piaf zitiert, klingt immerzu authentisch. Schon nach wenigen Minuten ist klar: Die Giroux spielt nicht die Piaf, sie ist die Piaf!
Rund 3.000 Lieder hat Edith Piaf eingesungen, nur etwa 30 davon hatte sie selbst geschrieben. Die schönsten und bekanntesten Titel sind selbstverständlich bei Marie Giroux im Gepäck, darunter Nummern wie „La Foule“, „Padam, Padam“ oder „Milord“. Obwohl sie immer wieder beteuert, dass Piafs Welthit „Non, je ne regrette Rien“ nicht Teil des Programms sei, singt sie den Titel schließlich noch als Zugabe, genauso wie „La Vie en Rose“.
Edith Piaf, die in armen Verhältnissen aufwuchs und dem Alkohol nicht abgeneigt war, hat ihr Leben lang die blanke Wahrheit nie gescheut. So nähert sich auch Giroux ganz schonungslos und unprätentiös, aber charmant und humorvoll der Diva. Dabei gelingt es ihr wunderbar, ihre exzellente Stimme zwischen Leidenschaft und Liebe, Hoffnung und unendlichem Schmerz zu variieren, wofür sie das Publikum regelrecht feiert.
Allerdings ist „Madame Piaf“ nicht nur gesanglich und dramaturgisch ein erstklassiger Abend auf hohem Niveau. Denn Marie Giroux, die nicht nur singt, sondern auch mal zur Querflöte greift, wird von zwei hervorragenden Musikerinnen begleitet. Jenny Schäuffelen fasziniert mit ihrem virtuosen Klavierspiel genauso wie mit dem Akkordeon, wodurch dieses ganz besondere Pariser Flair aufkommt. Last but not least verzaubert die umwerfende Jule Hinrichsen mit ihrer unbändigen Leidenschaft auf dem Cello.
Text: Dominik Lapp