Lachgarantie: „Kunst“ auf Tour
In diesen schweren Zeiten, die täglich von schlechten Nachrichten dominiert werden, ist es gut, wenn man noch abschalten und lachen kann. Möglich macht das die federleichte Komödie „Kunst“ von der französischen Autorin Yasmina Reza, die aktuell prominent besetzt mit Luc Feit, Heinrich Schafmeister und Martin Molitor durch den deutschsprachigen Raum tourt.
Serge hat ein Bild gekauft. Ein teures Bild. Ein sehr teures Bild. Aber nicht etwa einen Picasso oder irgendetwas anderes, das sich unbestreitbar als Kunstwerk erkennen ließe. Nein. Serge hat ein 1,60 Meter breites und 1,20 Meter hohes Bild gekauft, das weiß ist. Weiß mit weißen Streifen. Und er hält es für Kunst. Unverschämt teuer, meint sein Kumpel Marc. Ein echtes Schnäppchen, freut sich Serge. Ein Streit entbrennt zwischen den beiden Freunden. Yvan wiederum sitzt unbeteiligt zwischen den Stühlen und versucht zu vermitteln, obwohl er mit der Planung seiner Hochzeit genug zu tun hat. Das wiederum nervt Marc: dass Yvan nicht mal eine eigene Meinung hat.
Mit „Kunst“ hat sich Yasmina Reza sofort in die erste Liga der weltweit gespielten Theaterautorinnen katapultiert. Ihr Stück ist eine Satire über drei Freunde, die in einem unerwarteten Streit mit Plattitüden und Worthülsen um sich werfen, in denen vom Kunstverständnis im Speziellen bis zu Ansichten über das Leben im Allgemeinen das gesamte Fundament ihrer Freundschaft durchgekaut und hinterfragt wird. Inzwischen gilt das Stück als Dauerbrenner und zählt zu den meistgespielten zeitgenössischen Komödien.
Auch die Tourproduktion des Eurostudios Landgraf funktioniert ganz wunderbar. In der auf ganzer Linie gelungenen Inszenierung des inzwischen verstorbenen Fred Berndt wird recht fix deutlich, dass der Streit zwischen den Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, große Differenzen in der Brüderschaft offenbart. In dem sterilen weißen Bühnenbild, für das ebenfalls Fred Berndt verantwortlich zeichnet und das von drei überdimensionalen weißen Bilderrahmen dominiert wird, geht es um Wut und Hass, aber auch um Geld, Liebe und Freundschaft.
Immer wieder beziehen sich die drei Männer auf die Ursache ihres Streits: das weiße Gemälde. Martin Molitor überzeugt dabei als genauso enttäuschter wie verstörter Freund, der neue Rangeleien und Reibungen geradezu sucht und keine Chance ungenutzt lässt, Serge zu provozieren und aus der Reserve zu locken. Letzterer wird von Luc Feit authentisch einerseits als Kunst-Ästhet und andererseits als bissiger Gekränkter dargestellt. Als Dritter im Bunde ist es Heinrich Schafmeister, der als Yvan die witzigsten und ergreifendsten Momente schafft, dabei wahrlich aus dem Vollen schöpft und das Publikum zu Lachsalven hinreißt.
Um diese Leere, diese elende Tristesse irgendwie zu füllen, schreit Marc das weiße Gemälde regelrecht an. Die Männer streiten, rutschen ins Absurde ab, liefern viele irrwitzige Momente und erwecken so ein kurzweilig-komödiantisches Drei-Personen-Spiel zum Leben, das von Dialogwitz und Situationskomik lebt, aber auch ein wenig Tiefgang nicht vermissen lässt.
Text: Dominik Lapp