Winterliche Tragödie: „Luisa Miller“ in Osnabrück
Mit Giuseppe Verdis „Luisa Miller“ wagt sich das Theater Osnabrück an eine der weniger häufig gespielten Opern des großen italienischen Meisters – und überzeugt dabei auf ganzer Linie. Die Inszenierung von Manuel Schmitt kombiniert große Gesangskunst mit einer stimmungsvollen, aber manchmal auch befremdlichen Ästhetik.
Schon der erste Blick auf das Bühnenbild von Sebastian Ellrich zieht das Publikum in eine eisige Winterwelt. Kahle, weiß gepuderte Bäume ragen aus einem von Schnee bedeckten Boden, die Kälte des Winters spiegelt sich in den Kostümen wider. Schwarz dominiert, durchsetzt von Weißtönen – als ob die Protagonisten von Eisblumen umhüllt wären, die ihre tragischen Schicksale besiegeln. Diese visuelle Kühle gibt den düsteren und emotional aufgeladenen Momenten der Oper, die Verdi mit Librettist Salvadore Cammarano schrieb, eine fast erdrückende Intensität.
Musikalisch ist dieser Opernabend ebenfalls ein Triumph. Andreas Hotz leitet das Osnabrücker Symphonieorchester mit viel Feingefühl und bringt Verdis dramatische Musik zum Strahlen. Besonders die Streicherklänge verleihen der Partitur eine lyrische Tiefe, während die Bläsersätze in den dramatischen Passagen kraftvoll sind. Der Chor unter der Leitung von Sierd Quarré ergänzt die Darbietung perfekt und gibt den Massenszenen den nötigen Wumms.
Was die Solistinnen und Solisten betrifft, brilliert das fast ausschließlich aus Gästen bestehende Ensemble durchweg. Tetiana Miyus als Luisa Miller ist der emotionale Kern der Aufführung. Ihre klare, kraftvolle Stimme füllt den Raum mit Herzschmerz und verzweifelter Liebe. Timothy Richards als Luisas tragischer Liebhaber Rodolfo steht ihr in nichts nach und schafft in den gemeinsamen Duetten einige der ergreifendsten Momente des Abends.
Dominic Barberi als Graf Walter und Ricardo Llamas Márquez als der heimtückische Wurm bringen die dunklen Mächte des Stücks mit stimmlicher Präzision und szenischer Präsenz auf die Bühne. Önay Köse in der Rolle von Luisas Vater beeindruckt mit seiner warmen, vollen Bassstimme und verleiht der Figur eine berührende Vaterliebe. Zudem strahlt Susanna Edelmann als Laura mit ihrem wunderbaren Sopran.
Einziger kleiner Kritikpunkt bleibt eine merkwürdige Entscheidung in der Inszenierung. Zunächst zeigt sich das Bühnenbild in einer ästhetisch klaren, reduzierten Form – ganz im Einklang mit der Kälte der tragischen Erzählung. Doch dann hebt sich eine Rückwand und der Blick fällt auf einen weißen Raum, aus dessen Decke etwas grotesk Schweinehälften hängen. Was sich der Regisseur dabei gedacht hat, bleibt unklar, denn ein thematischer Bezug zur Handlung oder Musik ist nicht erkennbar.
Trotz der kleinen Irritation ist diese „Luisa Miller“ am Theater Osnabrück eine gelungene, musikalisch wie darstellerisch beeindruckende Aufführung. Wer sich auf die atmosphärische Dichte der Inszenierung einlässt und den eigenwilligen Einsatz der Schweinehälften ignoriert, wird einen kraftvollen Opernabend erleben, der noch lange nachhallt.
Text: Dominik Lapp