Perfektes Sommer-Musical: „Miami Nights“ in Tecklenburg
Es ist in dieser Saison das passende Gegenstück zum dramatischen „Mozart!“ und neben „Madagascar“ die dritte Produktion, die jetzt Premiere bei den Freilichtspielen Tecklenburg feierte: „Miami Nights“ erweist sich in der Inszenierung von Werner Bauer mit der rasanten Choreografie von Till Nau als perfektes Sommer-Musical, das für gute Laune sorgt und die Hits der Achtziger zelebriert.
In Düsseldorf im Jahr 2003 uraufgeführt, war „Miami Nights“ 2007 schon einmal in Tecklenburg zu sehen. Doch die jetzige Neuinszenierung hat – abgesehen von der zeitlosen Musik und Rachel Marshall in der Rolle der Jessica Diamond – nichts gemeinsam mit der damaligen Produktion und eignet sich somit auch für alle, die das Stück damals schon gesehen haben.
Das recht dünne Buch von Marcus Haseloff in Zusammenarbeit mit Alex Balga (der auch für die Songauswahl verantwortlich zeichnet), Natalie Holtom und Karin Kern orientiert sich grob an Baz Luhrmanns Film „Strictly Ballroom“. Regisseur Werner Bauer und Choreograf Till Nau haben die in der Turniertanz-Szene spielende Handlung zu einer respektablen Bühnenshow aufgewertet, bei der es für das Publikum heißt: entspannt zurücklehnen und einen spaßigen Sommerabend genießen.
Bauer und Nau haben hier wunderbar Hand in Hand gearbeitet, setzen auf Tempo und Witz, so dass Spiel- und Tanzszenen fließend ineinander übergehen. Darüber hinaus hat der Regisseur herrliche frische Ideen eingestreut. Dazu gehört unter anderem die szenische Umsetzung des Bonnie-Tyler-Songs „Holding out for a Hero“, bei der Jessica Diamond mit verschiedenen Superhelden wie Spider-Man, Superman, Batman, Captain America und Thor tanzt.
Auch optisch unterscheidet sich die 2023er Version stark von 2007. Jens Janke hat dazu zwei Welten geschaffen – auf der linken Bühnenseite das kubanische Viertel mit einer detailverliebt ausgestatteten Salsa-Bar und auf der rechten Seite die Tanzwelt im grellen Barbie-Miami. Eine Wellblechhütte mit Ché-Guevara-Plakaten, Spiegelwände oder Betten, die dem Publikum einen Blick wie aus der Vogelperspektive ermöglich, runden das insgesamt stimmige Achtziger-Gesamtbild ab. Auch Karin Alberti huldigt mit ihren bonbonfarbenen Kostümen und üppigem Paillettenbesatz den Eighties.
Musikalisch bietet „Miami Nights“ vor allem Songs der Achtzigerjahre, darunter weltbekannte Nummern wie „What a Feeling“ oder „I wanna dance with somebody“. Die ursprüngliche Eröffnungsnummer des zweiten Akts, „Hey Mambo“ von Barry Manilow, wurde allerdings durch „Mambo No. 5“ von Lou Bega ausgetauscht, zudem gibt es (bereits seit der Uraufführung) mit „Miami Nights“ und „Baila me“ zwei eigens für das Stück komponierte Nummern, die sich sehr gut in den Katalog bestehender Hits einfügen. Das Orchester der Freilichtspiele Tecklenburg unter der Leitung von Giorgio Radoja wird der Songauswahl vollends gerecht und sorgt für einen grandiosen Klangteppich.
Wie man es aus Tecklenburg nicht anders gewohnt ist, erweckt eine bis in die kleinste Rolle enorm starke Cast die Geschichte zum Leben. Ein großartiges Paar geben Andrew Chadwick und Katia Bischoff als Jimmy Miller und Laura Gomez ab. Chadwick gibt einen smarten und durchtrainierten Tänzer, gefällt dabei schauspielerisch wie gesanglich und besonders tänzerisch. An seiner Seite gelingt Bischoff eine glaubhafte Entwicklung von der bebrillten und schüchternen Popcorn-Verkäuferin zur leidenschaftlichen Tänzerin. Dabei strahlt sie nicht nur in Schauspiel und Tanz, sondern setzt auch gesangliche Glanzpunkte. In Duetten harmonieren die Stimmen von Andrew Chadwick und Katia Bischoff brillant.
Rachel Marshall stelzt auf endlos erscheinenden Beinen durch die Szenen, singt hervorragend und gibt als Jessica Diamond eine Mischung aus intriganter Schnepfe und verwöhntem Luxusgirl. Darüber hinaus hat sie mit „Holding out for a Hero“ und „Material Girl“ zwei gesanglich starke Auftritte. Ebenso aufhorchen lässt Julia Waldmayer als Mercedes mit „The Rhythm is gonna get you“, Lucas Baier überzeugt als muskelbepackter Emilio mit kraftvoller Stimme, Brigitte Oelke gibt eine genauso schrille wie komische Betty Miller und Christian Schöne ist als Roy Fire ein herrlich schmieriger, saufender und furchtbar eitler Gockel. Dabei dominiert er jede seiner Szenen sowohl von der Präsenz als auch vom Gesang. Mit „Mambo No. 5“ heizt er dem Publikum außerdem ordentlich ein.
Ein liebenswürdiges Paar stellen Janina Niehus als Sarah und Jürgen Brehm als Andy dar, die schauspielerisch wie gesanglich überzeugen. Trotz ihrer kleinen Rollen, bleiben weiter Martin Pasching als Mister Bob, Lisa Kolada als Tanz-Präsidentin und Laura Araiza Inasaridse als Gina positiv in Erinnerung. Doch nicht nur von den Darstellerinnen und Darstellern in den Haupt- und Nebenrollen geht eine leidenschaftliche Energie aus, sondern auch vom restlichen Ensemble, das präzise tanzt und aus dem unter anderem Hannah Miele, Esther-Larissa Lach, Mathias Meffert und Julian Schier hervorstechen.
Text: Dominik Lapp