Ein fabelhafter Spaß: „A Midsummer Night’s Dream“ in Hannover
Die Staatsoper Hannover bringt mit der Wiederaufnahme von Benjamin Brittens Oper „A Midsummer Night’s Dream“ eine fantasievolle Inszenierung von Michiel Dijkema zurück auf die Bühne, die das Publikum wie schon bei der Premiere vor zehn Jahren mit musikalischer Präzision und kreativer Detailverliebtheit begeistert.
Die Inszenierung, neu einstudiert von Clara Jansen, bleibt der traumhaften und doch komischen Essenz der Vorlage treu. Dijkemas visionäre Idee, den Wald der Elfen als eine Art surreal-verzerrte Spielzeugwelt zu präsentieren, schafft Raum für Fantasie und Überraschung: Steinsäulen, die auf und ab fahren, überdimensionale Requisiten wie ein gigantischer Rollkoffer und Lippenstift oder eine Taschen- und Stehlampe lassen die Mitwirkenden wie Spielfiguren erscheinen. Dieser märchenhafte Traum endet sogar wortwörtlich im Flammenmeer – das Bühnenbild wird am Schluss im Miniaturformat symbolträchtig zerstört. Florian Parbs’ Bühnenbild wird so zur eigenen Figur im Spiel der Verwirrungen und Illusionen und trägt maßgeblich zur märchenhaften Atmosphäre bei.
Die Kostüme von Claudia Damm fügen der Inszenierung eine weitere Ebene hinzu. Die Elfen, in grün-geblümte Kostüme gekleidet, vermitteln den Zauber des Waldes und sind als Naturwesen sofort erkennbar. Theseus und Hippolyta erscheinen in ausladenden, goldenen Gewändern, die ihre herzogliche Stellung unterstreichen und eine bildgewaltige Präsenz auf die Bühne bringen. Die Handwerkertruppe um Bottom ist in robusten Bauarbeiter-Outfits gewandet, die den komischen Charakter betonen und den Kontrast zur Elfenwelt verdeutlichen.
Das Lichtdesign von Elana Siberski schafft mit zarten, nebligen Farben und raffinierten Lichtwechseln eine märchenhaft-düstere Waldatmosphäre, die das Publikum in die Traumwelt des Stücks eintauchen lässt. Die Szenerie lebt von diesen feinen Nuancen, die Brittens Musik emotional verstärken und die mystische Stimmung der Oper unterstreichen.
Auch die Solisten tragen maßgeblich zum Gelingen dieser Inszenierung bei. Nils Wanderer als Oberon verleiht der Rolle des Elfenkönigs eine mysteriöse und zugleich majestätische Note mit seinem hellen, klaren Countertenor. Meredith Wohlgemuth als Tytania glänzt mit einem kristallklaren Sopran und schafft es, den leichten, spielerischen Charme ihrer Rolle wunderbar auszudrücken. Jami Reid-Quarrell bringt als Puck eine körperliche Dynamik und Lebendigkeit auf die Bühne, die das Publikum in den Bann zieht, wenn er sich aus dem Schnürboden abseilt oder an einem Seil über die Szenerie schwingt.
In den weiteren Rollen überzeugt Daniel Eggert als Theseus mit einer beeindruckenden Bühnenpräsenz, während Freya Müller als Hippolyta eine anmutige Balance zwischen Stärke und Würde verkörpert. Auch die Liebespaare Lysander (Marco Lee), Demetrius (Luvuyo Mbundu), Hermia (Beatriz Miranda) und Helena (Ketevan Chuntishvili) zeigen eine fein abgestimmte Darstellung der komischen und dramatischen Elemente, die das Verwirrspiel der Liebe ausmacht. Ihre Interaktionen sind stimmlich und darstellerisch ein Vergnügen.
Ein besonderer Publikumsliebling bleibt jedoch die Handwerkertruppe um Frank Schneiders als Bottom. Mit viel Humor und Gespür für Timing bringt Schneiders die naive Ernsthaftigkeit seiner Figur auf die Bühne. Ihm zur Seite stehen Yannick Spanier als Quince, Philipp Kapeller als Flute, Markus Suihkonen als Snug, Fabio Dorizzi als Snout und Eduardo Martinez als Starveling, die gemeinsam für die komödiantischen Höhepunkte des Abends sorgen – ganz besonders mit ihrer Schauspielvorführung im dritten Akt.
Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Stephan Zilias wird Brittens komplexe Partitur zum Leben erweckt, ihre schimmernden Klangfarben und schwebenden Harmonien laden das Publikum von Anfang an in eine magische Welt ein. Zilias hält die Spannung und Feinheit über den gesamten Abend hinweg und bringt das Niedersächsische Staatsorchester Hannover dazu, einen märchenhaften Klangkosmos leuchten zu lassen. Der von Tatiana Bergh exzellent einstudierte Kinderchor trägt entscheidend zur musikalischen Gestaltung der Elfenwelt bei, weil die klaren Stimmen die träumerische Atmosphäre verstärken.
Insgesamt gelingt es der Staatsoper Hannover mit dieser „A Midsummer Night’s Dream“-Produktion, ein humorvolles Spektakel auf die Bühne zu bringen, das mit seiner Detailtreue und kreativen Energie zu einem Bühnenereignis wird.
Text: Dominik Lapp