Starke konzertante Fassung: „Mozart!“ in Wien
Nachdem sich „Mozart!“ im Juni 2002 aus Hamburg verabschiedete, wurde es im deutschsprachigen Raum leider still um dieses grandiose Musical aus der Feder von Michael Kunze und Sylvester Levay. Doch als Beitrag zum Mozartjahr 2006 hatten die Vereinigten Bühnen Wien das Stück im vergangenen Monat in einer konzertanten Fassung auf die Bühne des Wiener Raimund Theaters gebracht. Alle sechs Vorstellungen waren ausverkauft.
Mit Doris Marlis konnte man eine versierte Regisseurin verpflichten, die das komplexe Stück auf eine kompakte Länge von 90 Minuten gekürzt hat. Das Orchester mit den Sängern gemeinsam auf der Bühne platziert, wurde komplett auf ein Bühnenbild verzichtet. Die Darsteller aber durften in Kostüm und Maske auftreten. Etliche Ensemblesongs und Dialoge sind zwar dem Rotstift zum Opfer gefallen, doch ist dadurch mehr Drive in die Handlung gekommen. Zudem wurde Carin Filipcic in der Rolle der Baronin von Waldstätten als Erzählerin eingesetzt, die durch die Handlung führte.
Die Darstellerriege bestand hauptsächlich aus Darstellern, die bereits Erfahrung mit „Mozart!“ hatten. Die Rolle des Wolfgang Mozart wurde jedoch überraschend mit einem jungen Talent besetzt: Rasmus Borkowski gab den Komponisten perfekt in Schauspiel und Gesang, glänzte mit jugendlicher Leichtigkeit und strahlender Stimme. Als Höhepunkte erwiesen sich seine emotionalen Interpretationen von „Was für ein grausames Leben“ und „Warum kannst du mich nicht lieben“.
Uwe Kröger stand bereits 1999 bei der Uraufführung auf der Bühne und übernahm auch jetzt wieder die Rolle des Colloredo. Trotz starker Erkältung sang er seine Songs souverän und wusste mit starker Bühnenpräsenz zu überzeugen. Ebenso überzeugen konnte André Bauer als Leopold Mozart. Sein Solo „Schließ dein Herz in Eisen ein“ präsentierte er gefühlvoll vom Anfang bis hin zum sanften Schlusston, wofür er tosenden Applaus ernten durfte. Schauspielerisch enttäuschte er ebenfalls nicht: Er spielte sich nie in den Vordergrund, vermochte aber einzig durch Mimik und Gestik den Standpunkt seiner Rolle zu visualisieren.
Dem Ruf einer grandiosen Diva wurde Carin Filipcic als Baronin von Waldstätten vollkommen gerecht. Mit enormer optischer Strahlkraft und kraftvoller Stimme verkörperte sie die Förderin Mozarts perfekt und lieferte mit ihrer genialen Interpretation von „Gold von den Sternen“ einen Showstopper par excellence. Harald Tauber schlüpfte in die Rolle des Theaterdirektors und Mozart-Freundes Emanuel Schikaneder und gab ein stimmiges „Ein bissel fürs Hirn“ zum Besten, was eine angenehme Abwechslung zu den sonst sehr dramatischen Liedern bot. Als Mozart-Schwester Nannerl stand Caroline Vasicek auf der Bühne, Jana Stelley mimte Mozarts Ehefrau Constanze. Vasicek präsentierte ihren Part sehr souverän-brav, Jana Stelley hingegen drehte als Rockröhre richtig auf und schmetterte ein hörenswertes „Irgendwo wird immer getanzt“ ins Auditorium.
Getragen wurde die prominente Cast von dem perfekten Orchester der Vereinigten Bühnen Wien, das man vollkommen zu Recht vom Graben auf die Bühne geholt hat. Dirigent Caspar Richter führte seine Musiker mit Präzision durch Sylvester Levays Partitur und setzte einen Glanzpunkt nach dem anderen. Abgerundet wurde dies alles durch ein stimmungsvolles Lichtdesign, das auch das fehlende Bühnenbild schnell vergessen ließ.
Letztendlich bildeten die konzertanten Aufführungen von „Mozart!“ also einen gelungenen Beitrag zum gerade begonnenen Mozartjahr und die Vereinigten Bühnen Wien präsentierten eine starke, sehr gut komprimierte Fassung des Kunze/Levay-Werks.
Text: Dominik Lapp