Starke Stimmen: „Still Friends“ in Berlin
Eine Bühne, darauf eine pinke Couch und ein Dutzend Musiker – das ist alles, was die Musicaldiven Pia Douwes und Annika Bruhns für ihr Konzert “Still Friends“ brauchen. Was sie in rund zwei Stunden bieten, sind kleine Geschichten und Anekdoten ihrer über 20-jährigen Freundschaft, gespickt mit etlichen Songs, die sie im Laufe ihrer Freundschaft und Bühnenkarriere begleiteten.
Schon die Ouvertüre lässt es erahnen, was den Zuschauer erwartet: Ein Potpourri der Musicals, in denen Douwes und Bruhns spielten. So erklingen Melodien aus “Elisabeth“ und “Mamma Mia!“, bis die beiden Freundinnen die Bühne betreten und sich auf ihre große Couch werfen. Bewaffnet mit Teetassen und Wolldecken erzählen sie, dass sie seit fast neun Jahren nicht mehr gemeinsam auf der Bühne standen und so die Idee zu dem gemeinsamen Konzert “Still Friends“ entstand, einem recht intimen Konzert, bei dem auch der Dialog mit dem Publikum nicht zu kurz kommt (“Wer hier unter den Zuschauern ist denn schon älter als 40? Zeigt euch!“).
Douwes und Bruhns – zu Beginn klassisch gekleidet in schwarzer Hose und weißem Neckholder-Top, die sie später gegen einen karogemusterten Schlafanzug, aber auch gegen ein hübsches lila-weißes Kleid tauschen – berichten von den Proben für das Konzert, die hauptsächlich via Skype stattfanden. „Du warst ja auch ständig in irgendwelchen Hotels“, so Bruhns zu Douwes. Proben unter solchen Umständen sind ganz sicher nicht einfach, doch in letzter Minute wurden die Künstlerinnen von der Joop van den Ende Academy in Hamburg aufgefangen, wo sie die Probenräume nutzen durften.
Pia Douwes hat die Lacher des Publikums auf ihrer Seite, als sie die Toilette aufsucht und mit heruntergelassener Hose einen Song für den Anrufbeantworter der Douwes/Bruhns-WG einsingt. Anschließend interpretiert sie sehr hörenswert “All that Jazz“, einen Song, den sie aus dem Effeff beherrscht, da sie die Rolle der Velma Kelly in “Chicago“ schon am Broadway und im West End verkörperte. Großartig sind aber auch die Arrangements, die der Musikalische Leiter Jon Mortimer für die beiden Diven geschrieben hat. In dem neuen Klanggewand wirken die zumeist bekannten Musicalsongs frisch und neu – so zum Beispiel auch das durch Annika Bruhns dargebotene “Buenos Aires“ aus “Evita“.
Den Song des Abends, “Ich gehör nur mir“ aus “Elisabeth“, beginnen Douwes und Bruhns zunächst im Duett, bis Letztere sich ausklinkt und das Feld der Frau überlässt, die die Rolle der österreichischen Kaiserin Elisabeth mit ihrer Interpretation dieses Song nachhaltig prägte. Mit lautstarkem Applaus wird Pia Douwes nach ihrem hohen und klaren Schlusston vom Publikum gefeiert. Doch auch Bruhns kann mit ihrem berührend-kraftvollen “Der Sieger hat die Wahl“ aus “Mamma Mia!“ vollkommen überzeugen.
Zwischendurch gibt es immer wieder Anlass zum Lachen, zum Beispiel wenn Annika Bruhns sich selbst bedauert: „Ich habe so viele Rollen gespielt, aber keiner hat es mitbekommen.“ Und den Schlusston von Douwes bei “Ich gehör nur mir“ kommentiert sie trocken: „Diesen Ton kann man eigentlich nicht singen.“
Ganz privat und intim wird es im zweiten Akt von “Still Friends“, als Bruhns berichtet, wie froh sie doch sei, dass sie laufen kann. Während ihres Engagements bei “Mamma Mia!“ in Hamburg fiel sie während einer Vorstellung in den Orchestergraben und verletzte sich schwer. Kein Arzt konnte ihr damals sagen, ob sie jemals wieder laufen können würde. Doch mit der Unterstützung ihrer Familie und ihrer Freunde und mit viel Disziplin konnte sie vollständig rehabilitiert werden. Ihre Ängste und Gedanken, die sie damals hatte, als sie an den Rollstuhl gefesselt war, hat sie zusammen mit dem Komponisten Paul Glaser in Songs verarbeitet – so zum Beispiel in “Look at us now“, einer sehr gefühlvoll dargebotenen Ballade, die sie mittlerweile mit weiteren Songs auf CD veröffentlicht hat.
Während Annika Bruhns mit dieser Geschichte das Publikum an ihrem Privatleben teilhaben lässt, bleibt Pia Douwes im Laufe des Abends doch eher etwas zurückhaltend. Die Spontaneität, die im Programmheft versprochen wird, ist nicht wirklich zu erkennen. Alles wirkt doch recht einstudiert, aber deswegen keinesfalls schlecht. Letzten Endes bietet “Still Friends“ gute Unterhaltung, nette Anekdoten und die Möglichkeit, zwei äußerst sympathische Frauen mit ihren großartigen Stimmen mal abseits ihrer Musicalrollen zu erleben.
Text: Dominik Lapp