Eine kleine Entdeckung: „King Kong“ in Datteln
Kong, Kong, Kong! Der Riesenaffe hat das kleine KATiELLi Theater mit seinen 114 Sitzplätzen im westfälischen Datteln fest im Griff. Dort feierte nun nämlich das 2009 in Berlin uraufgeführte Musical „King Kong“ von Paul Graham Brown und James Edward Lyons seine Premiere. Doch keine Sorge – der Riesenaffe singt nicht. Er ist nicht einmal wirklich auf der Bühne zu sehen. Vielmehr wird mit einfachsten Mitteln die Illusion eines Affen erzeugt.
Die Umsetzung ist insgesamt sehr minimalistisch: Drei Darsteller und ein Pianist sind alles, was nötig ist, um die Geschichte rund um den Filmregisseur Carl Denham (Bernd Julius Arends) zu erzählen, der mit dem Seemann Jack Driscoll (Harald Tauber) und der eher erfolglosen Off-Broadway-Schauspielerin Ann Darrow (Katharina Koch) nach Skull Island reist, um die Insel zu erforschen und dort einen Film zu drehen.
Auch das Bühnenbild von „King Kong“ ist recht übersichtlich und wird von einem überdimensionalen drehbaren Kasten dominiert, der auf der einen Seite ein Broadway-Theater, auf der anderen ein Diner und auf einer weiteren Seite ein Schiff darstellt. Durch grüne Dekorationen entsteht daraus später ein Teil des Dschungels, und zum Finale wird der Kasten umgekippt, um letztendlich das Empire State Building darzustellen, auf das Kong mit Ann flüchtet. Wie das Bühnenbild sind auch die Kostüme von Olga Lunow gut anzusehen und wirken zudem sehr zeitgemäß. So trägt Carl Anzüge und Ann schöne Kleider der 1930er Jahre. Unpassend allerdings, dass der Seemann Jack eine farbbefleckte Malerhose tragen muss.
Die Besetzung bei „King Kong“ ist durchweg stark. Allen voran Theaterleiter Bernd Julius Arends geht in seiner Rolle als Carl Denham richtig auf. Den Filmemacher gibt er überzeugend skrupellos wie geschäftstüchtig mit starker Bühnenpräsenz und klangschöner Stimme. Harald Tauber steht ihm als Jack Driscoll in nichts nach. Als raubeiniger Seemann singt er mit passend rauem Timbre, und auch die Wandlung vom übel gelaunten Seebären zum verliebten Helden gelingt ihm äußerst glaubwürdig.
Die Frau zwischen den beiden Männern – pardon, und dem Affen – ist Katharina Koch als Ann Darrow. Sie ist schauspielerisch schlichtweg eine Wucht: Sowohl als naives Blondchen, das weder Geld zum Bezahlen der offenen Rechnungen noch für einen Muffin hat, über die langsam das Talent in sich entdeckende Schauspielerin, bis hin zu Kongs Objekt der Begierde. Gesanglich wirkt sie durch ein paar unsaubere Töne nicht immer ganz sicher, fängt sich aber recht schnell wieder. Wahre Lachsalven stößt das Publikum aus, als die drei Darsteller mit am Hinterkopf befestigten Masken und einer 180-Grad-Drehung abwechselnd als Carl, Jack und Ann sowie als Eingeborene von Skull Island agieren.
Musikalische Unterstützung erhalten die drei Darsteller lediglich durch ein Piano, an dem Komponist Paul Graham Brown höchstpersönlich in die Tasten haut. Die Melodien gehen dabei einerseits gut ins Ohr, bleiben andererseits aber leider nicht hängen. Insgesamt lebt die Inszenierung jedoch besonders von der szenischen und schauspielerischen Umsetzung, die wirklich gelungen ist.
Gerade die Darstellung des Affen macht hier deutlich, dass weniger manchmal mehr ist. Es bedarf keiner überdimensionalen Puppe, und auch Videoprojektionen sind überhaupt nicht nötig, auch wenn diese in Datteln zumindest unterstützend eingesetzt werden. Wer nun neugierig geworden ist, sollte das Kammermusical keinesfalls verpassen. Denn „King Kong“ ist zwar nicht das größte Stück der Musicalgeschichte, aber ein wunderbares kleines Stück, das unbedingt entdeckt werden sollte.
Text: Dominik Lapp