Oper goes Science-Fiction: „Die Zauberflöte“ in Münster
Ob Oper und Science-Fiction zusammenpassen? Ja, denn der Regisseur Kobie van Rensburg beweist mit seiner Inszenierung der „Zauberflöte“ am Theater Münster, dass die Kombination aus klassischem Musiktheater und Weltraumsaga perfekt funktioniert. Und dabei handelt es sich keinesfalls um ein krampfhaft modernisiertes Bühnenwerk. Im Gegenteil: van Rensburg hat Mozarts bekannte Märchenoper behutsam ins Weltall transferiert, ohne den Stoff lächerlich zu machen oder gar durch den Kakao zu ziehen. Mit allen Mitteln des modernen Theaterbetriebs ist es ihm gelungen, Papageno und Co. zu entstauben und in einem fantastischen neuen Gewand zu präsentieren.
In Münster wird nur allzu deutlich, dass „Die Zauberflöte“ mit der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart und dem Libretto von Emanuel Schikaneder noch immer ein aktuelles und modernes Zaubermärchen ist, wie es heutzutage auch so zahlreich über die Leinwände der Lichtspielhäuser flimmert. Filme wie „Star Wars“, „Star Trek“, „Der Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ erzählen allesamt moderne Märchen, von denen sich Kobie van Rensburg nicht nur inspirieren ließ, sondern an denen er sich ganz offensichtlich auch bedient hat. Und das Experiment ist ihm mehr als gelungen, was auch das Publikum – bereits zur Pause – mit Begeisterungsstürmen bestätigt.
Faszinierend zu sehen, wie sehr Weltraummärchen und Zaubermärchen zu einer Symbiose verschmelzen, auch weil der Regisseur in Personalunion für Bühnenbild und Videoeinspielungen verantwortlich zeichnet. Da ist nicht nur Pamina im Vorspann im Raumschiff zu sehen, auch Tamino darf in einem Weltraumgleiter Platz nehmen und abstürzen, sich später mit Papageno wegbeamen lassen, auf putzige Jawas und andere Sternenkrieg-Charaktere stoßen – begleitet von drei Knaben, die mit ihren Kopftentakeln die humanoiden Twi’leks aus „Star Wars“ mimen.
Die sternflammende Königin schließlich tritt als Darth Vader auf, darf den stimmenverzerrenden Helm für die große Rache-Arie jedoch abnehmen, so dass Olga Polyakova in dieser anspruchsvollen Koloraturnummer stimmlich brillieren kann. Die drei Damen aus der Gefolgschaft der Königin kommen mit ihren geschneckelten Haaren wie Prinzessin Leia, auf der Kostümseite aber wie Padmé Amidala daher, was fürs Auge durchaus angenehm ist.
Wie eigentlich immer bei der „Zauberflöte“, erweist sich Papageno auch in Münster als Publikumsliebling. Juan Fernando Gutiérrez kostet dies sichtbar aus, singt seine Arien mit sicher geführter Stimme und glänzt schauspielerisch mit Gespür für komödiantisches Timing. Neben ihm hat es Youn-Seong Shim als Tamino nicht einfach, kann aber durch seinen strahlenden Gesang, insbesondere bei der Bildnis-Arie, bestehen. Lukas Schmid lässt dagegen als Sarastro zwar noch etwas die brummende Tiefe vermissen, singt aber dennoch ebenfalls höchst respektabel, während Henrike Jacob als Pamina mit ihrem glockenklaren Sopran verzaubert.
Die inszenatorische und gesangliche Brillanz der „Zauberflöte“ wird nur noch übertroffen vom fantastischen Sinfonieorchester unter der Leitung von Fabrizio Ventura, der mutig durch die Partitur schnellt und seine Musiker bei jeder Nummer zum Optimum antreibt. Das Tempo, das er bereits bei der Ouvertüre vorlegt, kann er bis zur letzten Note halten und sorgt so für einen ungewohnten Drive, so dass Musik und Inszenierung zu einem wahren Gesamtkunstwerk verschmelzen. Atemberaubend schön.
Text: Dominik Lapp