„Die Päpstin“ in Hameln (Foto: Dominik Lapp)
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Fesselnd und berührend: „Die Päpstin“ in Hameln

Das Musical „Die Päpstin“ von Dennis Martin (Musik, Buch und Songtexte) und Christoph Jilo (Buch) kehrt in einer überarbeiteten Neuinszenierung, die im Sommer bereits in Fulda gezeigt wurde, jetzt auch ans Theater Hameln zurück. Basierend auf der Legende um Johanna, die sich im 9. Jahrhundert als Mann verkleidet bis zum Papstamt vorarbeitet, erzählt das Werk nach wie vor eine bewegende Geschichte von Mut, Liebe und Verrat.

Unter der Regie von Gil Mehmert wurde das Stück nicht nur neu inszeniert, sondern auch in seiner Struktur gestrafft und umgestaltet: Szenen wurden verändert oder gestrichen, neue hinzugefügt, die Songtexte sind von Kevin Schroeder überarbeitet worden, Peter Scholz schrieb zusätzliche Musik, Figurenprofile sind jetzt stärker akzentuiert, wodurch sich eine dichte und temporeiche Erzählung entfaltet.

Besonders auffällig sind die Veränderungen in der Charakterzeichnung der Nebenrollen. So erhält Marioza deutlich mehr Raum, was es dem Publikum ermöglicht, ihre Beweggründe und ihre Zusammenarbeit mit Anastasius besser nachzuvollziehen. Auch Anastasius selbst ist kein Spielball seines Vaters mehr, sondern handelt eigenständig und entschlossen. Seine Rolle innerhalb des Laterans wird darüber hinaus stärker hervorgehoben, was die Dynamik zwischen den Figuren noch spannender macht.

„Die Päpstin“ in Hameln (Foto: Dominik Lapp)

Ein emotionaler Höhepunkt ist Johannas Solo „Wer bin ich, Gott?“, das nun inmitten des normannischen Überfalls auf eine Kirche stattfindet. Diese Neuplatzierung des Liedes sorgt für eine außergewöhnliche Dramatik und fesselt das Publikum auf eine Weise, die in der früheren Inszenierung so nicht möglich war, da dort zunächst der Überfall stattfand und darauf erst das Solo folgte.

Die Besetzung ist durchweg herausragend. Verena Mackenberg in der Titelrolle zeigt als Johanna eine beeindruckende Bandbreite an Emotionen und trägt die Inszenierung mit starker Bühnenpräsenz und einer klaren, kraftvollen Stimme. Ihr Spiel fängt sowohl die innere Zerrissenheit als auch die Stärke der Figur auf bewegende Weise ein.

An ihrer Seite brilliert Mathias Edenborn als Gerold, Johannas große Liebe. Edenborn verleiht der Figur eine glaubhafte Wärme, die das tragische Schicksal seiner Beziehung zu Johanna eindringlich macht. Thomas Hohler als der ehrgeizige und manipulative Anastasius überzeugt mit seinem starken Tenor und einer Mischung aus Arroganz und Charisma, die den politischen Intrigen der Geschichte Spannung verleiht. 

„Die Päpstin“ in Hameln (Foto: Dominik Lapp)

Auch die Nebenrollen tragen erheblich zum Gelingen der Inszenierung bei. Frank Bahrenberg gelingt eine kraftvolle Darstellung des Arsenius, Sebastian Lohse als strenger Vater und André Bauer als der kluge und weise Rabanus stehen für die unterschiedlichen Pole von Macht und Glaube. Bauer wird zudem für seine markerschütternd gute Interpretation des Songs „Hinter hohen Klostermauern“ vom Publikum gefeiert. Caroline Zins hat als Gudrun direkt zu Beginn des Stücks einen positiv in Erinnerung bleibenden Auftritt mit ihrem gefühlvoll dargebotenen Solo „Boten der Nacht“.

Auch Anke Fiedler als Marioza überzeugt gesanglich und schauspielerisch in allen Facetten ihrer Rolle. Ebenso punkten Tobias Korinth als Kaiser Lothar und Thomas Christ als Abt Ratgar in ihren kleineren, aber nicht weniger wirkungsvollen Rollen. Alle Darstellerinnen und Darsteller schaffen es, ihre Figuren lebendig und vielschichtig darzustellen, so dass keine Figur in den Hintergrund gerät. Aus dem Ensemble fallen aber vor allem noch Lina Kropf als Wahrsagerin, Joyce Diedrich als herrlich durchtriebene Richild und ein exzellent tanzender Pacal Schmid als Musikant auf.

Das Bühnenbild von Cristopher Barreca beeindruckt mit einer schlichten, aber vielseitigen Konstruktion aus Steinsäulen, die durch geschickte Arrangements und stimmungsvolle Projektionen immer wieder neue Räume schaffen. Besonders gelungen ist der Einsatz von Rückseiten der Säulen, die Einblicke in kleinere Innenräume bieten. Diese kreative Bühnenarchitektur erlaubt eine größere Flexibilität als in der ersten Inszenierung und unterstützt die Atmosphäre der Story sehr gut.

„Die Päpstin“ in Hameln (Foto: Dominik Lapp)

Die Kostüme von Claudio Pohle wurden ebenfalls überarbeitet und zeigen sich jetzt noch prächtiger und detailreicher als in der ursprünglichen Version. Sie spiegeln nicht nur die historische Epoche wider, sondern betonen auch die Charakterzüge der Figuren auf visuell ansprechende Weise. Das Lichtdesign von Michael Grundner und die Videoprojektionen von Austin Switser tragen entscheidend zur Stimmung bei und schaffen eine Symbiose aus Atmosphäre und visueller Eleganz.

Die Choreografie von Andrea Danae Kingston profitiert von der vergrößerten Spielfläche, da die voluminöse Treppe aus der ursprünglichen Inszenierung entfernt wurde. Die Tänzerinnen und Tänzer können sich freier bewegen, was den dynamischen Momenten spürbar zugutekommt. 

„Die Päpstin“ am Theater Hameln zeigt, wie eine Musicalproduktion durch Überarbeitung zu neuer Stärke finden kann. Das Zusammenspiel von Regie, Ausstattung, Licht und Musik ist ebenso überzeugend wie die darstellerischen Leistungen des gesamten Ensembles. Die Neuinszenierung von Gil Mehmert bringt die Geschichte mit einer solchen Intensität auf die Bühne, dass es zugleich fesselt und berührt.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".