Spaßgarant: „Sister Act“ in Tecklenburg
Halleluja, die Nonnen sind wieder los! Oh Jesus, Tecklenburg meldet sich zurück! Nach der zweimaligen coronabedingten Verschiebung ist das Musical „Sister Act“ nun endlich auf der Bühne der Freilichtspiele Tecklenburg angekommen. In der Inszenierung von Werner Bauer ist es ein solides Unterhaltungstheaterstück, das auf dem gleichnamigen Film mit Whoopi Goldberg aus dem Jahr 1992 basiert, der damals weltweit 230 Millionen US-Dollar einspielte und allein in Deutschland rund fünf Millionen Kinozuschauer verzeichnen konnte.
Die aus dem Film bekannte Musik von Marc Shaiman durfte aus lizenzrechtlichen Gründen für die Bühnenversion nicht verwendet werden, weshalb kein Geringerer als Oscar-Preisträger Alan Menken („Der Glöckner von Notre Dame“) engagiert wurde, der eigens für das Musical neue Songs schrieb – und die sind sehr hörenswert und lassen die Filmsongs keinesfalls vermissen. Menken hat einen abwechslungsreichen Score komponiert, der von fetzigen Discosounds der 1970er Jahre über eingängige Popballaden bis hin zu stimmigen Gospelnummern reicht. Als ein funkensprühender Dirigent erweist sich Giorgio Radoja, der das Orchester durch sein flottes und flexibles Dirigat zu enormer Spielfreude antreibt.
Äußerst gelungen ist die Arbeit von Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth, die die englischen Songtexte von Glenn Slater recht frei, aber treffend adaptiert haben. Die Dialoge von Ruth Deny sind dagegen teilweise recht einfach und etwas platt. Das Buch von Cherie und Bill Steinkellner weist ein paar Längen auf, da sich immer mal wieder an unwichtigen Details aufgehalten wird, die die Handlung nicht voranbringen. Ist die Show nach einem etwas schwerfälligen Start aber erst einmal in die Gänge gekommen, läuft sie wirklich rund.
Regisseur Werner Bauer macht die buchbedingten Längen nämlich durch eine temporeiche und pointierte Inszenierung mit gutem Timing und aktuellem Bezug (Schwester Mary Lafer und Schwester Mary Lichter) wieder wett. Zu den Höhepunkten dabei zählen ausnahmslos alle Szenen mit den Nonnen: Wann immer der Nonnenchor auf der Bühne ist, schwappt eine rhythmische Welle der guten Laune in den Zuschauerraum und animiert zum Mitwippen.
Herrlich agiert Masha Karell mit ihrer volltönenden Stimme und einer schauspielerischen Glanzleistung, wenn ihre kühl-distanzierte Mutter Oberin im Verlauf der Handlung langsam auftaut. Ebenso großartig spielen und singen Mona Graw als Schwester Mary Lazarus und Jennifer Kohl als Schwester Mary Patrick. Gerade Letztere hat durch die dankbare Rolle etliche Lacher auf ihrer Seite. Eine starke Entwicklung vom grauen Mäuschen zu einer selbstbewussten jungen Frau gelingt Katia Bischoff als Schwester Mary Robert, die gesanglich aus dem Vollen schöpft und mehr als einmal auf sich aufmerksam macht. Überzeugend als Monsignore ist darüber hinaus Andreas Goebel, dem eine herzerfrischende Darstellung seiner Rolle gelingt.
Martin Pasching spielt den Gangsterboss Curtis Jackson mit authentischer Mimik sowie Gestik und gefällt gesanglich durch seine sicher geführte Stimme. Ihm zur Seite stehen Benjamin Eberling als Joey, Florian Albers als TJ und Mathias Meffert als Pablo, die wunderbar alberne Sidekicks abgeben und sich gegenseitig perfekt die Bälle zuspielen.
Fabio Diso mimt einen liebenswürdigen Eddie Fritzinger, den man einfach knuddeln möchte, wenn er mal wieder unter seinem alten Spitznamen Schwitze-Fritze zu leiden hat. Gesanglich überzeugt er ebenfalls auf ganzer Linie. Doch „Sister Act“ steht und fällt letztendlich mit der Hauptdarstellerin – und die ist in Person von Peti van der Velde großartig! Die Wandlung von der flippigen Discosängerin zu einer Frau, die erkennt, dass Freundschaft und Zusammenhalt wichtiger sind als materielle Werte, gelingt ihr spielend. Gesanglich vermag sie mit ihrer kräftigen Stimme zu überzeugen, wenn sie Songs wie „Zeig‘ mir den Himmel“ oder „Fabelhaft, Baby“ geradezu rockt.
Stark sind auch die Leistungen des weiteren Ensembles, aus dem unter anderem Janina Niehus (als Schwester Mary Teresa mit ihrer Suppenkelle) oder Julian Schier (als den schnellen Bühnentod sterbender Ernie) hervorstechen. Sehenswert sind weiterhin die spritzige Choreografie von Till Nau sowie die Kostüme von Karin Alberti. Gelungen ist zudem das Bühnenbild von Jens Janke, der wieder einmal abwechslungsreiche Szenerien entworfen hat. Durch zweckdienlich fahrbare Elemente entstehen in Windeseile immer wieder neue Handlungsorte, was bestens zum Drive der Inszenierung passt.
Trotz der Längen im Buch macht „Sister Act“ in Tecklenburg insgesamt großen Spaß. Die mitreißenden Songs, die Witze, das großartige Orchester und die erstklassige Riege der Darstellerinnen und Darsteller versprechen einen kurzweiligen Abend. Gerade in der aktuellen Zeit, die von Pandemie, Krieg und Inflation gezeichnet ist, erweist sich diese Show als echter Spaßgarant.
Text: Dominik Lapp