Romantische Komödie: „SMS für dich“ in Hannover
Aus einer Tragödie wurde ein Bestseller, denn mit ihrem autobiografischen Roman „SMS für dich“ hat die Autorin Sofie Cramer ein persönliches Schicksal verarbeitet. Im Jahr 2016 wurde ihr Buch dann von und mit Karoline Herfurth („Fack ju Göhte“) verfilmt, die Bühnenfassung von Oliver Geilhardt feierte im Neuen Theater Hannover ihre Uraufführung und verspricht dort zwei unterhaltsame und kurzweilige Stunden.
Christian H. Voss hat „SMS für dich“ in 24 kurzen Bildern in einem Einheitsbühnenbild von Tom Grasshof inszeniert, das aus weißen Wänden besteht und lediglich durch einige weiße Hocker und wenige Requisiten ergänzt wird. Den letzten optischen Schliff verpassen die typgerechten Kostüme von Lisa Edelmann der Inszenierung, obwohl bei der Kleidung von Katja etwas zu klischeehaft über die Stränge geschlagen wurde.
Der Regisseur nutzt die sterile Leere der Bühne letztendlich, um den Fokus auf die vier Charaktere des Stücks zu legen und starke, völlig unterschiedliche Rollenprofile zu entwickeln. Vor allem aber erzählt Voss die Geschichte rund um Clara Sommerfeld sehr temporeich und mit einem wunderbaren Händchen für das perfekte Timing. Denn so tragisch Claras Schicksal auch ist, kommen die witzigen Momente in „SMS für dich“ definitiv nicht zu kurz – das Publikum honoriert das mit viel Gelächter und lang anhaltendem Applaus.
Als Regisseur stehen Voss zudem vier exzellente Künstler zur Verfügung, die allesamt auf einem gleich hohen Niveau agieren und sehr typgerecht besetzt wurden. Mandy-Marie Mahrenholz zeigt schon direkt zu Beginn, gerade als sich der Vorhang geöffnet hat, was für eine großartige Schauspielerin sie ist: Clara steht allein auf der leeren Bühne, aus dem Off erklingt ihre Stimme, die dem Publikum von ihrer Trauer über den Tod ihres Verlobten berichtet, und Mahrenholz steht dort einfach nur mit glasigem Blick, Tränen in den Augen, das Gesicht in Schockstarre und gezeichnet von unglaublicher Trauer. Gänsehaut!
Im Verlauf der Handlung schafft es Mandy-Marie Mahrenholz dann jedoch, Clara von der trauernden Hinterbliebenen zu einer lebensbejahenden, anpackenden, taffen Frau zu entwickeln, die es sich letztlich sogar gestattet, sich wieder zu verlieben. Diese Charakterentwicklung gelingt ihr mit Bravour und absolut authentisch.
Ein ihr ebenbürtiger Bühnenpartner ist Stefan Bockelmann in der Rolle des Sven Lehmann. Auch er vollzieht eine glaubwürdige Charakterentwicklung, gibt erst den coolen aufstrebenden Journalisten, in dessen Leben eine Frau keinen Platz hat, bis er sich eingestehen muss, dass er sich in die unbekannte Frau, deren Kurznachrichten versehentlich auf seinem Handy landen, verliebt hat. Bockelmann spielt seine Rolle smart, witzig und unheimlich sympathisch.
Neben den zwei starken Hauptdarstellern können sich jedoch auch Joanna Semmelrogge als Svens Kollegin Hilke und Jasmin Reif als Claras beste Freundin Katja behaupten. Beide Schauspielerinnen machen unmissverständlich klar, dass sie keinesfalls nur nette Sidekicks sind, sondern an der Erzählung der Story maßgeblich beteiligt sind.
Joanna Semmelrogge sorgt für Lacher, wenn Hilke völlig hysterisch neue Textnachrichten auf Svens Handy erwartet oder mal wieder durch dessen Haare fährt, was er so gar nicht leiden kann. Dabei gelingt es ihr, ihrer Rolle sehr witzige Konturen zu verleihen, ohne zu überzeichnen. Den Balanceakt zwischen Svens Kollegin, guter Freundin und Kupplerin meistert sie hervorragend.
Jasmin Reif steht ihrer Kollegin allerdings in nichts nach und zieht als Claras beste Freundin Katja alle Register. Katjas vorlautes Mundwerk („Erst Tinder, dann Kinder“) steht ihr dabei außerordentlich gut. Darüber hinaus versteht es Reif, ihrer Rolle nur mit Mimik und Gestik solch eine komödiantische Ausdruckskraft zu verleihen, dass das Publikum sich vor Lachen kaum halten kann. Die beste Freundin spielt sie wunderbar mit allen Klischees, die so eine Boulevardkomödie wie „SMS für dich“ eben bietet. Aber auch in der winzigen Rolle der Kellnerin Hanna holt Jasmin Reif mit ihrem trockenen Humor das Publikum ab.
Bei dem gelungenen Zusammenspiel der vier Künstler ist es also wahrlich kein Wunder, dass der zweistündige Abend wie im Flug vergeht. Das spricht aber genauso für die flotte Inszenierung und das Buch, auch wenn Letzteres mit dem etwas abrupten Ende doch ein wenig überrascht. Dem wunderbaren Gesamteindruck tut dies aber keinen Abbruch. Sehenswert!
Text: Dominik Lapp