„Sweeney Todd“ in Saarbrücken (Foto: Martin Kaufhold)
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Düster-glänzendes Spektakel: „Sweeney Todd“ in Saarbrücken

Das Saarländische Staatstheater Saarbrücken bringt das Musical „Sweeney Todd“ in einer mitreißenden Inszenierung von Carlos Wagner auf die Bühne. Eine musikalisch opulente, atmosphärisch dichte und darstellerisch herausragende Interpretation des berühmten Werks von Stephen Sondheim (Musik und Songtexte) und Hugh Wheeler (Buch) garantieren einen starken Musicalabend.

Schon die ersten Takte des groß besetzten Orchesters unter der Leitung von Stefan Neubert lassen keinen Zweifel daran, dass hier ein besonderes Klangerlebnis geboten wird. Die Musik schillert zwischen düsteren orchestralen Wogen und feinen lyrischen Momenten, immer durchdrungen von der bedrohlichen Spannung, die Sondheims Partitur so einzigartig macht.

Der starke Opernchor, einstudiert von Mauro Barbierato, verleiht den Massenszenen Wucht und Gänsehautgarantie. Dass fast alle Rollen mit Opernsängerinnen und -sängern besetzt sind, erweist sich ausnahmsweise mal als Glücksgriff, denn dieses Musical ist generell sehr opernhaft.

In der Titelrolle begeistert Stefan Röttig als Sweeney Todd mit stimmgewaltiger Präsenz und abgründiger Tiefe. An seiner Seite glänzt Carmen Seibel als gewitzte Mrs. Lovett mit komödiantischem Talent und einem warmen, flexiblen Mezzosopran. Laurence Kalaidjian als Anthony Hope und Liudmila Lokaichuk als Johanna Barker überzeugen als jugendlich-verliebtes Paar, während Lukas Witzel als Tobias Ragg mit feiner Nuancierung und großem Herzen berührt.

Markus Jaursch als Richter Turpin und Algirdas Drevinskas als Büttel Bamford verleihen ihren Figuren eine unheilvolle Autorität. Judith Braun singt die geheimnisvolle Bettlerin mit einer exzellenten Intensität, während Jon Jurgens als Adolfo Pirelli und Mr. Fogg eine faszinierende Wandelbarkeit beweist.

Die sehr düstere Inszenierung von Carlos Wagner setzt auf eine beeindruckende, vielschichtige Bühne von Christophe Ouvrard, der außerdem für die zeitgemäßen Kostüme verantwortlich zeichnet. Mehrere Ebenen schaffen ein schaurig-urbanes London, in dem Todds Barbierstube, Mrs. Lovetts Pastetenbäckerei und Johannas Balkon mühelos ineinandergreifen.

Die Projektionen von Francesc Isern erweitern den Raum und verstärken die bedrohliche Atmosphäre. Besonders der Fleischwolf, in dem die Opfer verschwinden, hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Die Lichtgestaltung von Patrik Hein verstärkt die gespenstische Stimmung mit gekonnt gesetzten Kontrasten zwischen Düsternis und gleißendem Schauer.

Was die beklemmende Stimmung auf die Spitze treibt: Skelette tanzen, Feuer und Rauch durchziehen die Szenerie, während die Insassen des Irrenhauses wie Zombies über die Bühne gleiten. Ein wahrer Totentanz, der das Publikum bis zum letzten Moment in den Bann schlägt. Ein musikalisch und szenisch überwältigendes Erlebnis!

Text: Christoph Doerner

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Nach seinem Studium der Musiktheaterwissenschaft, einem Volontariat sowie mehreren journalistischen Stationen im In- und Ausland, ist Christoph Doerner seit einigen Jahren als freier Journalist, Texter und Berater tätig.