Schriller Schrei nach Akzeptanz: „The Prom“ in Neunkirchen
Maskenball, Mitternachtsball, Jellicle Ball – Ballszenen stellen in Musicals gerne mal den dramatischen Höhepunkt dar. Das Musical „The Prom“ von Matthew Sklar (Musik), Chad Beguelin (Buch und Songtexte) und Bob Martin (Buch) widmet sich sogar komplett den Wirrungen um den anstehenden Abschlussball an der James Madison High School im US-Bundesstaat Indiana. Auslöser der Komplikationen ist Emma Nolan, die zum Prom, wie der Abschlussball der 12. Klassen in den USA genannt wird, ihre Freundin als Begleitung mitbringen möchte.
Das Musical, das auf einer wahren Geschichte beruht und seit 2020 auch als prominent besetzte Verfilmung gestreamt werden kann, wird in diesem Sommer vom Musicalprojekt Neunkirchen auf die Bühne gebracht. Holger Hauer inszeniert das Stück, in welchem vier gescheiterte Broadway-Stars vereinbaren, ihr Image damit aufzupolieren, mit Emma in den Kampf um Akzeptanz der Vielfalt zu ziehen.
Zurückhaltung ist dabei ein Fremdwort, denn das Auftreten von Dee Dee Allen (Anna Gitzinger), Barry (Thorsten Spengart), Trent (Jonathan Busch) und Angie (Vanessa Wichterich) ist dabei stets laut, bunt, schrill – und unterstrichen von schillernden Pailletten. Für das Publikum ist es aber auch vor allem eines: sehr komisch. Jeder der extravaganten Charaktere der New Yorker Delegation zeigt großes komödiantisches Talent und arbeitet den Rollentyp heraus.
Vor allem Anna Gitzinger geht in ihrer Rolle völlig auf und legt mit Selbstverständlichkeit und Stimmsicherheit ihren großen Auftritt während der Schulversammlung hin, womit sie den Ärger der Elternvertretung und die Bewunderung des Schulleiters auf sich zieht. Die zentrale Rolle der Emma Nolan wird überzeugend dargestellt von Leni Saar, die im Verlauf des Stücks in ihrer Gefühlswelt förmlich hin- und hergerissen wird und auch den großen Gesangsanteil der Rolle sauber meistert.
So mühelos wie Dee Dee Allen ihre Nummer hinlegt, gelingen auch die zahlreichen Ortswechsel in den Szenen. Die kurzen Umbauszenen sind flüssig, die Bühnenausstattung von Jochen Maas ist üppig und lässt mit Basketballkörben, roten Schulspinden und typischen College-Jacken High-School-Feeling entstehen. Besonders hervorzuheben ist zudem die Choreografie von Ellen Kärcher. Von Szenen mit nur zwei Personen, wie dem jazzigen „Zazz“ bis zu den großen Nummern bei „Lieb den nächsten“ sitzt jeder Schritt. Die abwechslungsreichen Schrittfolgen bieten einen äußerst sehenswerten Fokus.
Von „The Prom“ existiert bislang noch keine deutschsprachige CD-Aufnahme. Ob es eine solche auch jemals zum Erfolg bringen würde, scheint fraglich. Die Musik von Matthew Sklar, die in Neunkirchen unter der Leitung von Franceso Cottone von einer elfköpfigen Band gespielt wird, ist überwiegend poppig-modern. Die deutsche Übersetzung von Nico Rabenald wirkt jedoch leider an vielen Stellen sperrig.
Diesem Umstand und den durchaus vorhandenen Längen im Stück, die in der Verfilmung beispielsweise durch Rückblenden überspielt werden, begegnet das 30-köpfige Ensemble des Musicalprojekts Neunkirchen jedoch mit einer umso größeren Spielfreude. Die Inszenierung von Holger Hauer bietet vor allem Vielfalt fürs Auge und Ohr.
Text: Nathalie Kroj