Mysteriös und humorvoll: „Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?“ in Bachenbülach
Das Musical „Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?“ an den Kammerspielen Seeb in Bachenbülach nahe Zürich greift eine Episode aus dem Leben der weltberühmten Krimiautorin auf, die auch fast 100 Jahre später noch Rätsel aufgibt: Agatha Christies mysteriöses Verschwinden im Jahr 1926. Die elf Tage, in denen sie unauffindbar war und über die sogar die New York Times berichtete, bieten reichlich Stoff für einen spannenden Theaterabend – und genau das gelingt dieser Produktion eindrucksvoll.
Die Handlung verknüpft geschickt Fakten und Fiktion. Im Zentrum steht Agatha Christie selbst, gespielt von Daniela Stoll, die nicht nur versucht, das Rätsel um ihr eigenes Verschwinden zu lösen, sondern auch ihre zerrüttete Ehe zu retten. Ihr Mann Archie (Sven Geiger) hat eine Affäre mit Nancy Neele. Hier wird der Fall ins Persönliche gezogen: Christies fiktiver Krimi-Detektivinstinkt wird zur Jagd auf ihre Rivalin. Diese Ebene wird mit viel Humor und Situationskomik inszeniert, besonders wenn Agatha versucht, ihren Archie aus den Fängen von Nancy zu befreien.
Paul Graham Brown (Musik, Songtexte und Story) und James Edward Lyons (Buch und Story) kombinieren Krimi, Musical und Liebesgeschichte zu einem unterhaltsamen, leichtfüßigen Stück, das auch für Christie-Fans viele Anspielungen auf ihre berühmten Romanfiguren bereithält. Miss Marple und Hercule Poirot sind zwar nicht physisch präsent, aber ihre Spuren durchziehen das Stück. Neben der Kriminalhandlung gibt es zahlreiche humorvolle Momente, die von den Verwicklungen der Dreiecksbeziehung leben.
Das Zusammenspiel des vierköpfigen Ensembles ist präzise: Daniela Stoll als Agatha Christie überzeugt mit einer facettenreichen Darstellung, Marisa Jüni als Nancy Neele spielt ihre Rolle mit einer perfekten Mischung aus Verführung und Gerissenheit, Sven Geiger als Archie Christie changiert exzellent zwischen Ehe und Affäre und Rolf Sommer liefert als John einen glaubwürdigen Charakter, der die Handlung an entscheidenden Stellen vorantreibt.
Die eingängigen Songs von Paul Graham Brown und die dynamische Choreografie von Evelina Stampa sorgen für eine gelungene Mischung aus Spannung und Unterhaltung. Das Bühnenbild und die Kostüme unterstreichen die Zeit der Zwanzigerjahre, während sich die Regie von Urs Blaser durch eine klare Handschrift auszeichnet, die den Spagat zwischen Krimispannung und humorvoller Leichtigkeit gekonnt meistert.
„Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?“ ist ein genauso mysteriöser wie humorvoller, ein kurzweiliger, spannender und musikalisch ansprechender Musicalabend, der das Publikum nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Gedankenwelt einer legendären Autorin entführt. Eine empfehlenswerte Produktion für Krimi- und Musicalfans gleichermaßen.
Text: Christoph Doerner