Ein zauberhafter Musicalfilm: „Wonka“ im Kino
Wer „Charlie und die Schokoladenfabrik“ kennt, weiß auch, wer Willy Wonka ist. Doch wie kam Wonka eigentlich dazu, eine Schokoladenfabrik zu eröffnen? Diese Geschichte wird in dem Musicalfilm „Wonka“ erzählt, der uns mitnimmt auf eine herzerwärmende und unterhaltsame Reise zu den Ursprüngen des Schokoladenimperiums. Ein Wohlfühlfilm für die ganze Familie, der Roald Dahls literarische Vorlage in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt, was hartgesottene Fans und Kritiker auf die Palme bringt, weil Willy Wonka ganz anders dargestellt wird als im Buch oder den beiden Verfilmungen von „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Wer „Wonka“ jedoch als eigenständiges Werk betrachtet und sich von Erwartungen freimacht, bekommt zwei Stunden lang feinste Unterhaltung à la Musical.
Im Gegensatz zu Tim Burtons düsterer Interpretation, schlägt Paul King (Regie und Drehbuch) einen erfrischend anderen Weg ein. Die Welt von „Wonka“ ist nicht düster, sondern bunt. Die fantastischen Farben (Kamera: Chung Chung-hoon) und die beeindruckenden Kostüme (Lindy Hemming) laden ein, länger in dieser verzauberten Welt zu verweilen. Die gesamte Cast ist liebenswert, aber die herausragende Leistung von Timothée Chalamet als Willy Wonka ist unvergesslich. Er verkörpert den Schokoladenmacher geradezu elfenhaft mit überschwänglichem Charme und einer Mischung aus Naivität und List.
Der heimliche Star des Films ist allerdings Hugh Grant als Lofty, der Oompa-Loompa. Dank moderner Computertechnik ist der Brite geschrumpft und trägt grünes Haar zu orangefarbener Haut. Sein kurzer Oompa-Loompa-Song ist ein großartiger Ohrwurm und mittlerweile ein Dauerbrenner auf der Social-Media-Plattform TikTok, wo User weltweit in Videos zeigen, wie sie die Choreografie der Nummer nachtanzen. Auch Rowan Atkinson in der kleinen Rolle des Schokoholikers Pater Julius ist mit seiner ironischen Art ein Gewinn für den Film und bleibt positiv in Erinnerung, ebenso Keegan-Michael Key als mit Unmengen an Schoki zu bestechender Polizeichef, der im Verlauf der Handlung immer dicker wird.
An das Ehepaar Thénardier aus „Les Misérables“ – da nicht weniger geschäftstriebig und genauso fies – erinnern die Hotel- und Wäschereibetreiberin Mrs. Schrubbes und ihr Lakai Bleicher, hervorragend gespielt von Olivia Colman und Tom Davis, die exzellente Figuren zeichnen. Besonders Colman fällt durch ihre Balance aus Autorität und Lächerlichkeit auf. Als Willy Wonkas Konkurrenten, das Schokoladenkartell der Herren Slugworth, Fickelgruber und Prodnose, können Paterson Joseph, Mathew Baynton und Matt Lucas vollends überzeugen. Mit ihrer jungen und frischen Art erweckt zudem Calah Lane das vermeintliche Waisenmädchen Noodle zum Leben, während Natasha Rothwell (Kleo Klempi), Rakhee Thakrar (Lottie Bell), Jim Carter (Abakus Klug) und Rich Fulcher (Ludwig Kicherlaut) ein sympathisches Freunde-Quartett für Willy und Noodle bilden.
Die Musik von Joby Talbot transportiert die Handlung hervorragend und dekoriert den Film mit einer angenehmen Alles-wird-gut-Atmosphäre inklusive Zuckerguss-Überzug. Insgesamt sieben Gesangsnummern fügen sich nahtlos in die Story ein, ohne diese zu dominieren. Sie bremsen nicht, sondern verleihen dem mitreißenden Streifen vielmehr zusätzlichen Schwung. Wenn plötzlich alle Figuren zu tanzen und zu singen beginnen, wirkt es keineswegs unnatürlich oder aufgesetzt. In den Bildern verschmelzen Tanz, Gesang und Schauspiel zu einer Einheit, wie es für ein Musical natürlicher nicht sein könnte.
So überzeugt „Wonka“ am Ende auch deshalb sowie durch eine zauberhafte Inszenierung, herrlich kitschige Bilder und mit einer berührenden Geschichte, die lange nach dem Abspann – in dem übrigens der Oompa-Loompa noch mal einen Auftritt hat – im Herzen bleibt. Zauberhaft!
Text: Dominik Lapp